_Dieser Beitrag ist Teil einer Serie über das HMC660 Headset. Eine Übersicht aller Beiträge findet sich hier: https://sendegate.de/t/uebersicht-alles-rund-um-das-superlux-hmc660-x-headset/5949_
Direkt nachdem ich hier Profi-Klang für alle! Das HMC660 Headset richtig einsetzen - für unter 100 € veröffentlich habe, erreichten mich Zuschriften von Leuten die sich - im Gegensatz zu mir - mit E-Technik auskennen, wie man das HMC660 so modifizieren könnte, dass es problemlos direkt an Interfaces und Mischpulten mit 48V Phantomspeisung betrieben werden kann.
Es gab durchaus verschiedene Ansätze, aber an diese Experten geht erst einmal ganz grundlegend Dank:
@zeitstaubsammlr, @sreimers, @Christian_Vogel, @fernsehmuell sowie @diodenschein.
Letzterem gebührt wohl die Ehre, die hier nun vorgestellte Lösung auf den Punkt gebracht zu haben:
Was spricht eigentlich dagegen zwei gepaarte Widerstände 6,8kOhm jeweils zwischen Masse und hot/cold zu schalten? Damit entsteht zwischen den 6,8KOhm im Mischpult und denen im Kabel ein 1:1 Spannungsteiler und es liegen nur noch 24V an. Ich würde es gern mit dem HMC660 ausprobieren, allerdings habe ich keins. Mit dem DT297 lässt sich kein Unterschied feststellen und das passt in jeden XLR Stecker mit rein. Möchte das Jemand mal ausprobieren?
Und dazu schickte er mir ein Bild seines ProofOfConcept, aus dem man vielleicht dereinst mal das Logo zur Bewegung basteln wird:
Der von ihm vorgeschlagene Ansatz war so simpel und zielführend, dass ich ihn auf der #sub7 öffentlich ausprobiert habe. Man nehme zwei wertige Widerstände mit 0,1% Toleranz, 4,7kOhm:
Kostenpunkt: 2 x 0,55 €-Cent
@Roddi hatte am Samstag die Verantwortung auf sich genommen, die Verlötung vorzunehmen:
Als erstes wurden die verdrillten Enden der Widerstände mit etwas Lötzinn belegt:
Dann die Enden mit einer Kneifzange gekürzt und so gebogen, dass sie auf die bestehende Verkabelung IN den bestehenden XLR-Stecker des HMC660 passen:
Der XLR-Stecker des HMC660 lässt sich einfach aufdrehen und auseinander nehmen:
Nun wird das verdrillte Ende an die Masse gelötet, die beiden anderen Enden jeweils an die grüne und gelbe Leitung:
Danach wieder vorsichtig die XLR-Hülle darübergezogen und zugeschraubt.
Das Ergebnis: das Headset funktioniert problemlos und ohne weitere Tricks an 48V (oder weniger) Interfaces mit Phantomspeisung.
Lieber in ein Adapterkabel löten!
Die Widerstände direkt in das HMC660 Headset zu löten ist zwar auf der einen Seite elegant, auf der anderen Seite verliert man aber die Garantie wenn doch etwas schief gehen sollte. Zudem hat man unnötige Komplexität in der Audio-Strecke, wenn man das Headset einmal direkt an ein Zoom H6 oder XENYX 302 anschließen möchte, die den Umbau ja gar nicht benötigen. Daher ist es unbedingt sinnvoller, die Widerstände in so ein günstiges Patch-Kabel einzubauen:
Und das dann ganz nach Bedarf zwischen HMC660 und Interface zu stecken. Damit behält man ein HMC660 im Urzustand und hat dennoch die Möglichkeit, 48V zu verwenden.
Hörbeispiele
Ich habe wieder eine Teststrecke aufgenommen, beginnend mit dem Beyerdynamics DT297 als Benchmark:
Und dann das HMC660 MK2 am selben Presonus VSL1818 mit 48V:
Am Behringer XENYX302USB (hier ist der Umbau natürlich nicht notwendig da es ohnehin nur 12V liefert aber es liegt halt rum)
Am M-Audio FastTrack Pro:
Und am TASCAM US-800:
Soweit so unauffällig. Interessant wird es, wenn man das UMC660 MK2 an das Zoom H6 anschließt mit 48V:
Hier ist hör- und messbar ein Störton eingestreut, und zwar wie von „Mr. 750Hz“ @chrismarquardt ganz erstaunlich präzise vorhergesagten 750Hz. Das Fiepen ist recht leise, aber nimmt man es einmal war, kann man es nicht mehr ignorieren. Mit einem weichen Gate lässt sich das gut filtern, aber die Lösung ist viel einfacher: betreibt man das H6 mit 24V oder 12V verschwindet es umgehend:
Für das H6 wäre ein Umbau ohnehin nicht notwendig, da es ja bekanntlich von Haus aus auf 24V oder 12V umgestellt werden kann. Einem Mischbetrieb am selben H6 von original HMC660 und MK2 steht so aber auch nichts im Wege.
Im Ergebnis zeigen diese Hörbeispiele - die ich hier auch wieder als Reaper-Projekt abgelegt habe:
http://wp1187670.server-he.de/owncloud/owncloud/index.php/s/K8HQe7kmYrc1l38
Dass der MK2 Umbau gut funktioniert.
Für wen ist das nun interessant?
Im Kern für alle, die schon mal einen Lötkolben in der Hand gehalten haben und entweder
- bereits ein interface haben dass sie weiter nutzen wollen, das aber nur 48V ausgibt oder
- wer mehr als ein Headset anschließen will (da reicht nach wie vor das XENYX302USB) aber sich kein Zoom H6 leisten kann und keine Lust hat auf die bereits vorgestellte Lösung mit zusätzlichem Phantomspeiseadapter.
Dieser Umbau wird insbesondere interessant, wenn das Behringer UMC404HD hält was es verspricht: dann würde man ein 4-Personen Multispur-Setup mit 1A Klang bekommen für
4 x 39,- € (HMC660)
4 x 1,10 € (Widerstände für MK2 Modifikation)
4 x 8 € (Velour-Pads für deutlich mehr Tragekomfort)
1 x 111 € (UMC404HD)
1 x 24,90 € (Behringer HA400 Kopfhörersplitter)
Summe: 328,30 €.Also für jede PodcasterIn: 82 €.
Ich werde das UMC404 mit dem MK2 testen, es sollte in ca. zwei Wochen eintreffen.
###Was genau passiert denn da jetzt eigentlich?
Diese Frage wird erstaunlicher Weise immer noch kontrovers diskutiert, wie diese beiden Diagramme, die während der Löt-Party entstanden sind, vielleicht illustrieren:
Sehr schön werden die technischen Hintergründe des HMC660 in dieser Folge des Podunion-Magazins vom @fernsehmuell erklärt:
Ich werde dazu die Tage auch noch einmal ein längeres Post schreiben, wo ich auf die Aspekte Nachhaltigkeit, Haltbarkeit etc. eingehe.
Die Alternative für Leute, die nicht Basteln mögen
Es gibt dennoch einen recht einfachen Weg, ein oder auch zwei HMC660 an beliebige Soundinterfaces anzuschließen, bei denen man die 48V Phantomspeisung komplett abschalten kann:
Dieser unspektakuläre Kasten macht nichts weiter, als zwei Kondensator-Mikrophone mit Phantomspeisung zu versorgen. Der Clou: man kann umschalten, ob man 48V oder 12V haben möchte - und mit den 12V klingt das HMC660 eben gut.
An dem eigentlichen USB-Interface muss man also nur die Phantomspeisung ausschalten um einen sauberen Klang zu erhalten. Für die schlanken 29 € kommen hier also pro Set nur 14,50 € an Mehrkosten hinzu + ein kurzes XLR-Kabel für die Verbindung von pp2b und Soundinterface. Diese Lösung ist also auch geeignet für alle, die bereits ein brauchbares Soundinterface besitzen, auf ein praktisches Headset wechseln möchten und sich allerdings (noch) kein DT297 leisten können. Es spricht auch nichts dagegen, zwei solcher Kisten an einem 4er Interface zu betreiben.