Grundsätzlich darf man Kondensatormikrofone als empfindlicher ansehen. Je nach Modell hören sie die Flöhe husten. Im Gegensatz zu Dynamikern erlauben sie größere Mikrofonabstände, aber da kommen dann u.U. Raumhall oder andere Nebengeräusche ins Spiel, die wiederum gerade von Kondensatoren aufgrund ihrer höheren Empfindlichkeit leichter aufgezeichnet werden.
Unter professionellen Sprechern herrscht die Meinung vor, dass Großmembran-Kondensatoren besser für das Hörempfinden sind, weil sie „wärmer“ aka schmeichlerisch aufnehmen. Kleinmembraner nehmen in aller Regel linear / neutraler auf. Bei Sprache sollte das eigentlich ein Vorteil sein, und dennoch wirkt es auf den Zuhörer nach einer gewissen Hördauer eher anstrengend. Offenbar spielt uns da unser Gehör (mal wieder) einen Streich.
Bitte etwas Vorsicht mit Kondensatoren im Outdoor-Einsatz, sie mögen keine Feuchtigkeit.
Die Raumbeschaffenheit spielt immer eine Rolle, denn selbst ein „tauber“ Dynamiker bekommt etwas vom Raum mit. Der Dynamiker nimmt natürlich nicht so viel davon mit wie der Kondensator.
Gleiches gilt für Nebengeräusche. Mein Lieblingsbeispiel ist immer noch das Straßeninterview auf dem CSD, als die Parade vorbeizog. Der Interviewpartner wurde etwas lauter, um gegen den Umgebungslärm anzusprechen. Die Atmo blieb - automatisch - im Hintergrund, war aber genau richtig für das Interview. Mit einem Kondensator wäre das vermutlich übersteuert gewesen - ich hätte den Sprecher herunterregeln müssen und der Hintergrund wäre präsenter in die Aufnahme gekommen.
Popschutz würde ich bei beiden empfehlen. Der ungeübte Sprecher wird an beiden Wandlertypen seine Plosivlaute hörbar machen. Allerdings wird auch hier der Kondensator seine Empfindlichkeit zeigen, weil man ihn auch aus größerem Abstand immer noch anpusten kann.
Wie auch immer: Hier gilt „nie ohne“.
Ganz klar, der Mikrofonabstand wird eine Rolle spielen (müssen). Positioniere das Mikrofon so, dass Du dem Partner nicht zu sehr auf die Pelle rückst und er sich am Tisch bewegen kann, ohne dass er aus dem Aufnahmebereich rückt. Ich empfehle dabei ein Tischstativ (aber bitte mit Auszug, so dass er nur knapp über das Mikrofon drüber spricht). Mein Liebling für solche Fälle ist das K&M 23150 (hier mit 3/8"-Gewinde), weil es sowohl kompakt als auch vergleichsweise leicht ist.
Du wirst anständig monitoren müssen, um Störgeräusche im Vorfeld zu erkennen und darauf vor der Aufnahme reagieren zu können. Ich habe auf einer Messe mal gemerkt, wie wichtig es ist, auf die Umgebungs-Atmo zu achten.
Eklig kann es werden, wenn der Gesprächspartner den Wechsel zwischen laut und leise nicht so richtig im Griff hat, z.B. wenn er sich bei seinem Lieblingsthema ereifert und unbeabsichtigt lauter wird. Das musst Du einschätzen können. Das Monitoring wird Dir - nicht nur - in diesem Fall die Aufnahme retten!
Was kann die Technik verzeihen?
Relativ viel - außer Übersteuerungen. Und: Das Nutzsignal sollte immer deutlich stärker als das Störsignal sein.Die Kunst der ordentlichen Aussteuerung.
Nch meiner Erfahrung verzeihen Dynamiker mehr als Kondensatoren. Der Kondensator erzeugt im Zweifel die höheren Peaks.
Kleine Korrektur: Wie weit darf das Mikrofon vom Gesprächspartner weg sein? Mikrofone können nachgeführt werden. Der Gesprächspartner setzt sich und danach richtest Du das Mikrofon aus.
Bei Kondensatoren wird eine Entfernung von max. 30 cm - eine Lineallänge - (im akustisch sauberen Raum) angenommen; in der Praxis sind es dann doch eher 20 cm. Beim Dynamiker etwas weniger.
Wenn der Sprecher seinen Kopf wegdreht, also aus der Einsprechrichtung des Mikrofons heraus, dann verlieren beide Mikrofontypen. Da kann man so ziemlich gar nichts machen.
Verändert er seinen Einsprechwinkel zum Mikrofon, indem er leicht zur Seite schaut, aber noch im Fokus des Mikrofons ist, passiert nicht allzuviel. Allerdings hat sich hier die Charakteristik „breite Niere“ als hilfreich erwiesen. Je enger die Charakteristik, desto stärker muss man den Gesprächspartner im Zaum halten. Daher halte ich in diesem Fall Supernieren für wenig hilfreich.
Menen Setup-Tipp für die in der Ausgangsfrage angesprochene Problemstellung habe ich ja schon abgegeben:
Mit diesem Equpment im Technik-Koffer würde ich das Projekt in Angriff nehmen - außer, dass es bei mir ein H5 wäre.