Twitch Streamer brauchen eine Rundfunkzulassung

@Joey hat im Pressethread gestern eine interessante Meldung ausgegraben und ich glaube, das verdient eine eigene Diskussion hier.

Copy & Paste vom Original:

Ich kenne das aus einem anderen Kontext. In meiner Zeit bei Microsoft habe ich unter anderem eine Menge Videos produziert. Damals hatten wir uns über die Lizenzbedingungen informiert und unser Programm entsprechend ausgerichtet. Problematisch waren vor allem genaue Sendepläne und besonders auch regelmäßige Livestreams. Deswegen gab es unsere Webcasts damals eher anlassbezogen und eben nicht als durchgeplantes Live Programm.

Sieht so aus als würde diese Gesetzgebung hier verwandt (oder dieselbe) sein.

Inzwischen gibt es auch schon erste Aktivitäten dazu (es ist also keine reine Meldung die dann in der Praxis nicht verfolgt wird). Hier z.B. der Bericht von PietSmiet dazu: https://www.youtube.com/watch?v=H6c48AHCzJY&feature=youtu.be

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Theoretisch kann es Podcasts nicht treffen. Der Rundfunkstaatsvertrag ist da ganz klar worum es geht (§2 Abs. 1 Satz 1-2 Rundfunkstaatsvertrag):

Rundfunk ist ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen. Der Begriff schließt Angebote ein, die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind.

Livestreams von Podcasts könnten drunter fallen. Wenn sie wirklich regelmäßig wären. Aber auch hier ist die Rechtslage relativ klar (§20b):

Wer Hörfunkprogramme ausschließlich im Internet verbreitet, bedarf keiner Zulassung. Er hat das Angebot der zuständigen Landesmedienanstalt anzuzeigen.

Don’t panic.

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Die Rocket Beans haben sich seinerzeit gar vorweg eine Zulassung geholt, da sie auch betroffen wären. Abgesehen von Kosten und einigen Einschränkungen, scheint das (für Unternehmen!) aber zumutbar zu sein.

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Ach herrjeh, Kinners…
… geht’s hier um Twitch oder Podcasts im allgemeinen?

Ich darf das mal aus einem anderen Blickwinkel beleuchten:
Webcaster (aka Webradio, Internetradio) bedürfen keiner Rundfunkzulassung.
§ 2 RStV ist da schon ganz eindeutig.

Das Thema wurde in der Webcaster-Szene heiß - und eindeutig - diskutiert. Ergebnis: Man muss sich bei einer Landesmedienanstalt anmelden (!), wenn man mehr als 500 Ports zugleich zur Verfügung stellt (ganz unabhängig davon, ob sie wirklich genutzt werden); unterhalb dieser Grenze ist eine Anmeldung zwar nicht Pflicht, aber freiwillig möglich.

Randnotiz: Man beachte allerdings die Impressumspflicht nach § 55 (2) RStV; den meisten Podcasts könnte ggf. ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot unterstellt werden.
Ein Impressum bereitzustellen tut nicht weh.

Twitch ist etwas anderes, denn da kommt wohl Video ins Spiel (richtig?), und da ticken die Uhren tatsächlich anders.
Ich produziere hin und wieder mit Periscope (das Live-Videostreaming von Twitter) solche Übertragungen, und tatsächlich müsste (Konjunktiv beachten!) ich mich unter bestimmten Voraussetzungen um eine Rundfunkzulassung bemühen, da bei Videoreportagen ist die Grenze sehr viel enger gesteckt ist.

Gespräch mit der Landesmedienanstalt: Grenzwertig, da Erfahrungen fehlen, aber: Filme (und streame) ich von meinem Fenster aus eine Demonstration einfach nur so: Kein Problem.
Kommentiere ich das wie ein Reporter, ist es Rundfunk.
Sitze ich einfach nur vor der Kamera und erzähle, wie mein Tag war: Das dürfte niemanden stören. Nur bei einer Talkrunde könnte es grenzwertig werden.

Hier haben beide Seiten mangels Erfahrungen sicher Nachholbedarf.
Ich weiß bloß nicht, wie das Rückschlüsse auf die Podcaster-Szene zulassen sollte. Sie ist in der Medienlandschaft fest etabliert und war durch Zulassungsbeschränkungen nie ernsthaft bedroht.

Was habe ich missverstanden?

Eigentlich nichts. Du hast alles zusammengefasst, was wir eingebracht haben.

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Alles schön. Ich möchte aber trotzdem gern mal darauf hinweisen, dass es schon einige Sendungen da draußen gibt, die neben einem Audio auch gerne mal einen Videostream anbieten.
Insofern sind die Übergänge fließend und da es hier ganz generell um Amateur- Medienproduktion geht ist das auch sonst für uns hier interessant.

Ansonsten vielen Dank für die Zusammenfassung und den Kontext, das wird spannend bleiben.

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Oh. Okay, das ist etwas anderes.
Wären das dann nicht eigentlich Vlogs und keine Podcasts mehr?

Bitte: Bei solchen Diskussionen nicht die Medienarten durcheinanderwürfeln, das wäre zu simpel gedacht und sorgt für zusätzliche Konfusion.
Ihr besteigt ja auch nicht 'nen ICE mit 'ner Fahrkarte für die Tram, bloß weil beide auf Schienen fahren.

Also zum einen bezeichnet “Podcast” der reinen Lehre nach (siehe z.B. die definition der Wikipedia) über RSS abonnierbare Medien (auch Video). Wir hier verstehen darunter in aller Regel Audio aber es gibt eine Menge Spielarten und Überschneidungen.
Zum anderen ändert das aber auch nichts daran, dass wir hier verwandtes Terrain haben. Livestreaming, auch von Video, ist ja nicht weit von “uns” entfernt.

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Puh, ganz schwierig.
Heißt das im Umkehrschluss, dass eine nicht via RSS auffindbare Audiodatei kein Podcast sei?
Damit erledigt, ich habe meine Veröffentlichungen noch nie selber bzw. bewusst in Verzeichnisse eingetragen.

Im übrigen habe ich auf eine stärkere Trennung von Audio und Video abgezielt.
Für mich liegt Webcast und Podcast viel näher zusammen als an Videostreams angelehnt,
Webcaster können die Inhalte ihrer Sendung ohne Musik hinterher als on-demand-Medium für die Hörer bereitstellen (Airchecks fallen, streng genommen, auch darunter). Umgekehrt können Podcasts zum Sendeinhalt werden - ganz gleich, ob episodenweise oder als durchgängiger Stream. Nur gelten hier eben ganz andere Spielregeln als bei Videoübertragungen.

Okay, dann reden wir halt über Mediatheken-Fütterer. Damit sprengen wir einengende Grenzen der Medien, über die wir diskutieren.
Nimm’ mir aber bitte nicht übel, dass ich mich vorrangig auf Audio konzentriere.

Eigentlich gilt das doch als gelöst. Als die Kanzlerin mit ihrem Podcast anfing, sie hat keine Rundfunkzulassung dafür.

Schafft hier ein Podcast mehr als 500 Leute im Lifestream zu erreichen, läuft das regelmäßig immer an einem bestimmten Zeitpunkt, erstellen die Podcasts redaktionelle / journalistische Beiträge? Die meisten können das hier sicher verneinen.

http://www.internet-law.de/2013/04/wann-ist-internet-eigentlich-rundfunk.html

Checkliste:
http://www.die-medienanstalten.de/fileadmin/Download/Rechtsgrundlagen/Richtlinien/Checkliste_Web-TV.pdf

Bitte nicht gleich wieder würfeln.

  • Die Grenze von 500 Ports gilt für deren Bereitstellung, nicht deren tatsächliche Nutzung. Wenn ein Webcaster 800 Ports bereitstellt (weil es sein Ego füttert), er aber tatsächlich nur 10 gleichzeitige Hörer hat, muss er sich trotzdem anmelden.
    ! Die Anmeldung ist etwas anderes als der Antrag auf eine Rundfunkzulassung!

  • Der Hinweis auf die journalistisch-redaktionelle Gestaltung bezog sich auf den 55 (2) RStV, und das ist die Impressumspflicht, nicht die Rundfunkzulassung.
    Ja, ich gehe davon aus, dass allein die Vorbereitung auf einen Podcast (Auswahl der Gesprächspartner, Background-Check, Auseinandersetzung mit dem Thema) eine redaktionelle Tätigkeit ist. Davon unabhängig befürworten die meisten Juristen ein Impressum, um Zweifelsfälle zu vermeiden. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Wer Medien im Netz bereitstellt, sollte dafür auch mit einer ladungsfähigen Anschrift geradestehen.

  • Ist ein Podcast tatsächlich ein Livestream (lineare 1:n-Übertragung) oder ein On-Demand-Angebot?
    Der hinreichend bekannten Argumentation von Herrn Stadler möchte ich folgende Überlegung entgegensetzen:

[quote]Medien werden in linear und nicht-linear unterteilt. Linearität ist bei Rundfunk und Fernsehen gegeben: Der Hörer oder Zuschauer ist auf die vorgegebene Reihenfolge der Beiträge angewiesen. Er kann z. B. eine Nachricht nicht nur halb rezipieren und dann zur nächsten übergehen. Es bleibt ihm nur die Möglichkeit, bei Desinteresse den Sender zu wechseln. Aber auch dort muss er sich wieder dem Angebot und den Strukturen anpassen.
Zu den nicht-linearen Medien werden die Printmedien und das Internet gezählt. Der Leser oder Surfer kann hier individuell entscheiden, welches Informationsangebot er in welchem Ausmaß und in welcher Reihenfolge wahrnehmen möchte. Auch zeitlich ist der Rezipient unabhängig, da er nicht an die vorgegebenen Sendezeiten der linearen Medien gebunden ist.[/quote]

(Quelle)
Wo würdest Du jetzt den Podcast einsetzen? Linear oder nicht-linear?

Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass ihr unbedingt Rundfunk sein wollt?
Mir scheint, hier sollen die gleichen Fehler gemacht werden, die die Webradioszene über ein Jahrzehnt lang nicht vollständig los wurde, anstatt die Chancen und Vorteile des Mediums zu nutzen.

Ich versuche eig. klar zu machen, dass das kein Rundfunk ist.

Stichwort Zusammenwürfeln: [quote=“UliNobbe, post:11, topic:5100”]
Der Hinweis auf die journalistisch-redaktionelle Gestaltung bezog sich auf den 55 (2) RStV, und das ist die Impressumspflicht, nicht die Rundfunkzulassung.Ja, ich gehe davon aus, dass allein die Vorbereitung auf einen Podcast (Auswahl der Gesprächspartner, Background-Check, Auseinandersetzung mit dem Thema) eine redaktionelle Tätigkeit ist. Davon unabhängig befürworten die meisten Juristen ein Impressum, um Zweifelsfälle zu vermeiden. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Wer Medien im Netz bereitstellt, sollte dafür auch mit einer ladungsfähigen Anschrift geradestehen.
[/quote]

Die Impressumspflicht für beinahe alle Webangebote, die eigene Inhalte oder Dienste bereitstellen, ergibt sich aus TMG Paragraph 5. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Inhalt / Service tatsächlich gewerblich vertrieben wird! Es reicht, dass andere Anbieter mit ähnlichen Inhalten / Diensten dies gewerblich tun, dann ist man schon abmahnbar.

https://dejure.org/gesetze/TMG/5.html

Wie ist Deine Einschätzung

mit dem von Dir verlinkten Gesetzestext

Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten:

in Einklang zu bringen?
(Hervorhebung von mir)

Rein private Homepages ohne nennenswerte weitere Inhalte wie Telemedien etc. sind nicht zwingend impressumspflichtig bzw. nur eingeschränkt. Das ist ja die Crux.

Meiner Meinung nach hast Du mit dem Link Dir selbst widersprochen, denn der Umkehrschluss verneint eine Impressumspflicht.
Oder sind alle Podcaster geschäftsmäßig unterwegs?

Einfach mal Impressumspflicht und Rechtsprechung googeln. Auf den Fallstrick der von Dir fett hervorgeheben Formulierung habe ich mit meinem Post ja eben hinwiesen wollen: Ob Du dafür Geld nimmst ist insofern egal, als dass andere Anbieter, die für ähnliche Inhalte oder Dienste Geld nehmen, Dich ohne Impressum trotzdem abmahnen lassen könnten.

Bsp:
http://www.linksandlaw.info/Impressumspflicht-Notwendige-Angaben.html

Eine “rein private” oder “familiäre” Verbreitung, wie im §55RStV als Ausnahme erwähnt, ist bei Websites rechtssicher nur zuerreichen, wenn man die Inhalte gegen Passwort / Login anbietet. Alles andere - zumal wenn über Suchmaschinen zu finden - ist von dieser Formulierung nach Auffassung der meisten Gerichte nicht gedeckt.

Podcasts sind selbstverständlich nicht-linear.

Problematisch wird es erst, wenn ein Podcast live gestreamt wird. Dieser Live-Stream an sich ist kein Podcast (siehe die RSS-Definition von @dirkprimbs weiter oben), wird aber mit dem Podcast in einen Hut geworfen, da aus dem Live-Stream schließlich am Ende ein Podcast wird.

Man muss sich die Frage der Rundfunkzulassung trotzdem nur für den Live-Stream an sich stellen, egal was dahinter ist. Und wenn dieser Live-Stream jetzt eben linear ist, wird es schwierig. Meiner Einschätzung nach (INAL!) sind gelegentliche (auch einigermaßen regelmäßige) Live-Streams von Podcast-Episoden aber auch nicht linear, weil es keinen festen Sendeplan gibt. Das Problem gibt es nur bei diesen 24-Stunden-Konserven-Abspiel-Streams.

Damit etwas unter die „geschäftsmäßige[n], in der Regel gegen Entgelt angebotene[n] Telemedien“ fällt, braucht es alle der folgenden (voneinander unabhängigen!) Tatbestandsmerkmale:

  • Telemedium
  • geschäftsmäßig
  • wird in der Regel gegen Entgelt angeboten

Telemedium ist klar erfüllt. Geschäftsmäßig ist auch erfüllt, denn du könntest ja durch die Veröffentlichung bekannter werden und das für deine wirtschaftlichen Zwecke nutzen („geschäftsmäßig“ ist ein sehr weiter Begriff).

Das Missverständnis kommt von folgendem Punkt: Das Telemedium muss „in der Regel gegen Entgelt angeboten werden“. Und da sind wir bei genau dem, was @analog_a schreibt: „In der Regel“, also nicht im konkreten Fall.

Ein kostenloser Podcast ist ein geschäftsmäßig angebotenes Telemedium. Wenn dann auch noch andere Podcaster dafür Geld nehmen, ist für die Impressumspflicht völlig egal, ob du das tust. Daher würde ich auf jeden Fall ein Impressum veröffentlichen.

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Hier ist was passiert. PietSmiet TV wurde nun abgeschaltet:

Krass. Hoffentlich stößt ihr Fall wenigstens die Debatte nebst Gesetzesänderung an, die es dringend braucht.

Vielleicht sollte ich mir das mit der Transition des Livekalenders von der Hörsuppe zu fyyd noch einmal überlegen. Nicht, dass die mir einen Sendeplan unterstellen…

Im Ernst: das wird auf die ein oder andere Art und Weise für Ärger sorgen. Seit sicher einem Jahrzehnt prallt die Netzwirklichkeit an allen Ecken und Enden hart an eine alte Welt, die sich mit Macht und Geld einen permanenten Vorteil zu sichern weiß. Wer am Ende nachgibt, wird sich zeigen, aber der Ausweg scheint einfach zu sein: Solche Angebote werden Deutschland verlassen. Die Konsequenzen dessen muss ich wohl nicht mehr darlegen.

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In diesem Fall hat die Medienanstalt diesen Aktion gestartet, weil ihr auch diese Regel vollkommen bescheuert (in der heutigen Zeit der Livestreams/Twich) erscheint und die Politik unter Zugzwang setzen wollte:

„Das Netz ist voll von rundfunkähnlichen Angeboten. Daher sollte es hier zeitnah zu einer Anpassung der Gesetze kommen. Wir brauchen offline wie online gleiche Voraussetzungen für Rundfunkangebote.“ Solange dies nicht der Fall sei, wird die ZAK die bestehenden Rechtsgrundlagen anwenden.

Und bitte nicht vergessen, dass PietSmiet kein kleiner Gamer ist, den jetzt die komplette Staatsgewalt trifft. Das ist ein Unternehmen.

Peter Tauber hat den Zaunpfahl mitbekommen, hat aber die Gewaltenteilung vergessen (oder wollte bisschen Wahlkampf unter den Gamern machen weil eine geistig einfache Zielgruppe) und zu einer Hasstirade Richtung Medienanstalten angesetzt, die halt für die Verträge der A- und B-Länder nichts können.

Der Ball liegt jetzt bei Rheinland-Pfalz den Prozess zu starten, dass den Hut auf hat in Sachen Rundfunkstaatsvertrag. Man (also die Twitch-Szene) könnte sich jetzt vernetzen und Druck ausüben oder weiter heulen und sich von der CDU instrumentalisieren lassen.

Aber ganz persönlich finde ich, dass die Einstellung kein Verlust ist.

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