Eine für mich sehr interessante und glundlegende Frage ist, wie man Podcasts näher an (wenn auch nicht unbedingt gleich “in”) den Mainstream bringen kann. Das kann man auf der einen Seite auf der “Marketing”-Seite besprechen, wie im Aufmerksamkeit für Podcasts-Thread.
Das Problem ist technischer Natur
Allerdings glaube ich, dass das eigentliche Problem viel tiefer liegt. Nämlich an der Technik und den darauf aufbauenden grundlegenden Mechanismen von Podcasts. Ich halte das “RSS-Feed und (Audio)datei”-Prinzip gleichzeitig für Fluch und Segen. Segen, weil es dezentral und offen und deswegen modern und unabhängig ist. Fluch, weil nicht-technische Menschen schon nicht wissen, was ein “Feed” ist und wie man damit umgeht.
So. Ich sehe in vielem wo “Podlove” draufsteht ein Streben dahin, die bestehenden technischen Hürde abzubauen. Der Podlove Subsribe Button, sowie in gewissem Maße auch der Kapitelmarken-Standard erleichtern den Zugang zu Podcasts. Soweit, sogut. Wir sind aber ja offensichtlich noch nicht weit genug gegangen, und ich würde gerne diskutieren 1. was 2. wie gemacht werden kann.
Denn: Wer regelmäßig Podcasts hört, der vergisst denke ich ganz, ganz schnell, wie man vor diesem Medium stehen kann, wenn man sich ihm das erste mal annähert. Es ist verwirrend, komisch, und nicht einfach.
Neuer User vs. Podcasts: The Challenge
Diese lose Gedankenwolke formte sich zu diesem Blogpost, als ich meiner Schwester eine einzelne Episode eines Podcasts empfahl, und sie diese auch hören wollte – allerdings auf dem Weg nach Hause, und wir über all die Knackpunkte sprachen. Kurz zur Perspektive: Ich betrachte das ganze aus einer iPhone/Smartphone-Sicht, wo für denke ich viele, wenn auch nicht alle User, Podcasts leben.
Ich versuche, konkret und kurz zusammen zu fassen (ansonten empfehle ich natürlich die Lektüre des ganzen Blogposts mit weiteren Links etc., hust):
- Podcastfolgen dauern meist 20+ Minuten, und das ist ein großes Commitment, das “so mitten am Tag” wenige Leute eingehen werden, um mal “was neues auszuprobieren”. Da verliert längeres Audio gegen <5 Minuten-Video.
- Gute Websites für Podcasts sind wichtig und richtig. Aber der Disconnect zu dem Feed mit der jeweiligen Episode (also dem wo im täglichen Leben Podcasts stattfinden) ist zu groß. Mobil werden die wenigsten von einer Podcast-Website streamen wollen (selbst wenn es heutzutage mit 3G oder besser gut möglich ist). D.h. der Sprung von einer Website zu einer speziellen Episode “zum Mitnehmen” ist zu groß.
- Wenn und falls jemand dem “Subscribe” nahe kommt, dann gibt es immer noch das Episoden-Problem. Regelmäßig gibt es Empfehlungen für “die 5 besten Radiolab-Epiosden”, die auch Episoden von 2012 oder so beinhalten. Viel Spaß dabei, 70 Episoden durchzuscrollen im Feed und dann eine einzelne zu finden.
- Außerdem ist “Subscribe” ein wahrgenommen “großer Schritt” dafür, wenn man einfach mal eine Episode Probehören möchte, da man ja evtl. wieder unsubscriben muss, wenn der ganze Podcast doch nicht gefällt. Ansonsten läuft man Gefahr, auf einmal etwas herunterzuladen das man nicht wollte. Wenn der User das nicht versteht, dann gibt es ein großes Störgefühl.
Ansätze
Chaptermarks/Timestamps
Um eine Art “Einhaken” zu ermöglichen, sind Kapitelmarken und/oder Timestamps denke ich extrem wichtig. Die Shareability von Overcast (iOS App)-Links mit einem Zitat ist nicht zu vergleichen mit dem bloßen Link zu einer vollen Episode oder gar nur Nennung des Namens, z.B. auf Twitter. “Interessant, was XY zu Thema Z sagt” mit Link, und Leute klicken vielleicht sogar drauf, und hören direkt einen Satz mit dem sie was anfangen können – Magic! Das “bricht” das ganze Medium auf, und kann die “Angst” vor dem Ungetüm eines Feeds mit 100+ Episoden echt verringern.
Hier gibt es natürlich das Ei/Henne bzw. Podcasts/Podcast-Apps Problem, und verschiedene Standards, und und und. Marco, der Overcast-Entwickler begründete in einem Blogpost, warum er keine Kapitelmarken unterstützt. Das ist zwar schade, aber im großen und ganzen wahrscheinlich egal: Ich kenne die Statistiken nicht genau, aber die meisten User benutzen wahrscheinlich eh Apples Podcast-App, die aktuell keine Kapitelmarken verdauen kann (oder?).
Links zu Episoden im Feed
Ich habe keine Ahnung, inwieweit das technisch möglich ist: Aber eine Art Feed-Link, der nicht nur zum Feed, sondern zu einer einzelnen Episode springen kann, stelle ich mir hilfreich vor.
Andere Kanäle
Und dann gibt es neu die Bewegung von Spotify in den Podcast-Raum, und auch Soundcloud, deren Podcast-Feature nach ein paar Jahren aus der Beta raus ist. Diese Player gefährden natürlich die Offenheit des ganzen, das “Feed+Datei”-Modell, das ich oben erwähnte. Auf der anderen Seite senken diese Offensiven sicherlich die Schwelle und machen Podcasts evtl. allgemein attraktiver für User und sind daher vielleicht eine große Chance.
Auf dem ersten Hamburger Podcaster-Meetup letzte Woche erwähnte ein Teilnehmer, dass er auch auf YouTube Podcasts bzw. Audioschnipsel hochlade. Das klang für mich erst sehr abwegig. Aber danach hatte ich eine Unterhaltung mit einer Kommilitonin über einen Jura-speziischen Podcast, und sie erwähnte von sich aus, dass sie sofort auf YouTube suchen würde, wenn sie ein Thema im Kopf hätte und “Material” suche. Auf die Nachfrage, was denn mit dem fehlen von Video wäre, meinte sie, dass ja auch bei Songs die auf YouTube liegen, manchmal einfach ein Cover dargestellt würde. So absolut gar nicht mir das auch gefällt, muss man ja anerkennen, dass auf YouTube sehr viel Zeit verbracht wird, die Schwelle also sehr niedrig liegt, sogar für audio-only content.
Auch ist denke ich der Player von Soundcloud der absolute Killer. Der ist direkt auf Facebook einbettbar, und hat eine schöne Kommentarfunktion, und und und. Kaum zu überschätzen imo. So kritisch das mit der Feed-Verwaltung usw. auch alles ist auf SoundCloud, das ist kaum zu überschätzen denke ich.
Ende
Das war lang, sorry! Ich hoffe es kommt genug Struktur rüber, und ich hoffe ich konnte die Gemengelage die in meinem Kopf gerade stattfindet einigermaßen rüberbringen. Ich bin außerordentlich gespannt, was ihr für Gedanken habt, und an was ich alles überhaupt gar nicht gedacht habe.