Reisefähiges Professionelles Setting für Podcastaufnahmen

Hallo zusammen,
bislang war ich immer nur stiller Konsument dieses Forums und habe den Diskussionen nur gefolgt. Jetzt habe ich mich angemeldet um selbst mal eine loszutreten.

Ich plane zusammen mit einem Kollegen gerade an einem Podcast, der sich vor allem auf Interviews beschränkt und wohl meistens in Hotels, bei Konferenzen oder in anderen nicht studiotypischen Umgebungen aufgezeichnet werden soll. Dabei wird es in der Regel so aussehen, dass wir zu zweit mit einem Interviewpartner sprechen und jeder ein einzelnes Mikro bekommt.

Die Frage ist nun allerdings: Was für Equipment brauchen wir?
Mein erster Gedanke war folgendes:
3x Rode NT1-A Set mit Popschutz und Spinne (SMR) -> ~600 Euro
3x Stativschwenkarm (jemand einen Tip für einen Stativarm den man nicht an die Tischplatte schrauben/klemmen muss, sondern mit einem Standfuß auskommt. Wenn nicht muss ich mir etwas bauen) -> ~150 Euro
1x Zoom H6 -> ~300 Euro
1x B&W Outdoorcase -> ~250 Euro
3x XLR-Kabel -> ~20 Euro
1x Kopfhörer (Sony mdr7506) -> ~100 Euro

Da wir bei der ganzen Geschichte viel reisen müssen, sollte alles in ein Bord-Gepäck Peli-Case (oder ähnliches) passen und einigermaßen robust sein. Beim Aufbau können wir uns immer etwas Zeit nehmen. Wobei ich denke das 10 bis 20 Minuten locker machbar sind.

Warum ich gern einen Stativarm hätte: Meine Erfahrung zeigt, dass wenn die Mikrofone von unten kommen, die Leute immer in sich zusammensacken und dann so gequätscht reden, vor allem, wenn sie es nicht professionel machen. Bei der Abnahme von oben sitzen/stehen sie aufrechter und reden deutlich freier.

Warum Großmembran? Weil die Interviews gut und gerne eine Stunde dauern und ich der Meinung bin, das wärmere Stimmen auf Dauer angenehmer zu hören sind. Ich lasse mich aber gern auch eines besseren belehren.

Worüber ich mir die meisten Sorgen mache, ist das Thema Hintergrundgeräusche. Daher: Habt ihr Einwände oder Ideen für ein anderes Setting? Das GESAMT-Budget liegt bei 1000 bis 1500 Euro.

Ich freue mich auf euer Feedback und sage schon einmal vorsorglich vielen Dank.

kubax

Die übliche Frage: warum keine Kondensator-Headsets? Das löst automagisch 80% deiner Probleme. In Hotels und auf Konferenzen größere Mikroarme (3 Stück!) aufzubauen und dann noch mit Großmembran finde ich - sportlich.

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Danke für die Rückmeldung. Headset wäre vermutlich am leichtesten und wäre auch mein Favorit. Da es sich bei den Interviewpartnern in der Regel wohl um „wichtige“ Leute mit Anschlussterminen und Bühnenpräsens handelt, sollten wir deren Frisur nicht zerstören. Ich weiß das klingt absurd, aber als wir das beim Konzipieren zur Sprache gebracht haben, hatten vor allem die Damen ihre Sorge und Ablehnung geäußert.

Bei den Armen dachte ich übrigens an nichts riesiges. Vielleicht 2x 30-40cm.

Was spricht sonst für dich gegen die Grossmembran-Mikros?

Großmembranmikros sind sehr empfindlich und nehmen Euch wahrscheinlich zu viele Hintergrundgeräusche auf. Ich würde eher zu dynamischen Mikros raten (z.B. Shure SM7b). Am besten macht ihr erstmal ein paar Tests mit Leihmikrofonen.

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Ich kann mir gerade für Konferenzen Røde Procaster gut vorstellen. Die nehmen kaum Umgebungsgeräusche mit, das erkauft man aber damit, dass man recht nah ran muss. Bei mikrofonunerfahrenen Leuten kann das zugegeben zum Problem werden.

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Den Podcaster hatte ich auch schon im Auge und aus genau diesem Grund ist er wieder in der Liste nach hinten gerückt. Das Thema leihen hatte ich mir auch schon überlegt. Das Problem: mein Chef hätte gern eine Kostenaufstellung und eine Bestellliste - und wie immer lieber gestern als morgen :wink:

Ich würde dann nochmal in Richtung Earsets überlegen - da hast du die Vorteile von Headsets, aber ohne das Frisurenproblem. Siehe diesen, sehr verwandten thread:

Achtung, es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Røde Procaster und dem Røde Podcaster. Das Podcaster ist ein USB-Mikrofon, während das Procaster “nur” ein Mikrofon mit XLR-Anschluss ist. Ich würde beim Einsatz von mehreren Mikrofonen immer zu XLR-Anschlussmöglichkeit raten, vor allem wo sowieso ein Zoom H6 zum Einsatz kommen soll. Daran könnt ihr ohne weiteren Aufwand bis zu 4 Procaster betreiben.

Ich würde XLR auch bevorzugen.
Aber: Mein Procaster konnte ich damals nicht akzeptabel an einem H5-PreAmp betreiben. Dies würde wiederum einen in-line PreAmp nötig machen. Die muss man dann halt auch wieder anschaffen und dabei haben. Ähnliche Probleme werden auch andere, „typische“, dynamische Mikros bereiten (das SM7b wohl mit am stärksten).
Zudem sind die Dinger schwer und relativ gross, was der Mobilität entgegen wirkt. Wenn man’s also irgendwie durch bekommt, würde ich den Ratschlägen von @rstockm folgen - Frisur hin oder her. Nur schon, um die Mikrofonarme nicht transportieren zu müssen. Denn auch bei kleineren, an mobilen Interfaces eher betreibbaren Mikros (wie einem Sennheiser e835) bleibt letztlich das Problem mit den Armen/Ständern.

Da kann ich Dir nur zustimmen. Für mobilen Einsatz würde ich auch empfehlen auf zuviel Zeug (Mikrofonarme, Spinne, fette Mikros) zu verzichten. Eventuell wären Nackenbügelmikrofone das richtige für eure Gäste. Die Thoman HC 95 klingen z.B. erstaunlich gut.

@Joey Die PreAmps des Zoom H6 sind “kräftiger” als die vom H5 ausgelegt. Gainhungrige Mikros gehen am H6 deutlich besser als am H5. Aber ein Inline-PreAmp hilft z.B. beim SM7b auch am H6 nochmal die Qualität zu steigern.

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Danke für das Feedback und eure Ideen! Das ist wirklich super!
Ein Nackenbügelmicro hatte ich um ehrlich zu sein noch garnicht auf dem Schirm. Das schaue ich mir nochmal genauer an.
Da ich schon genug Erfahrungen mit Kameraequipment sammeln dürfte, schreckt mich schweres Material wie Mikrofonarme kaum, muss ich sagen.

Welche Erfahrungen habt ihr denn in Sachen Auftritt gemacht? Beim Filmen sind meine Erfahrungen leider immer dieselben: Umso größer die Kamera umso professioneller wirkt es auf die Interviewpartner.
Wie groß ist in euren Augen das Risiko, dass die Interviewpartner aufgrund der „kleinen“ Geräte die Sache nicht ernst genug nehmen?

Na ja. Entscheidend dafür, ob eine Aufnahme-Situation ernst genommen wird, ist immer noch der (dein) persönliche Auftritt. Ferner sollten/müssen Nackenbügelmikros, also die ganz dünnen, dann immer mit Pflaster an der Wange angeklebt werden - das wirkt schon mal tüchtig professionell “wie im Fernsehen”, so man es denn vorher etwas geübt hat.

Ein weiterer Vorteil von (guten) Kondensator-Headsets: die Leute hören, vermutlich zum ersten Mal in ihrem Leben, ihre eigene Stimme wirklich gut klingend. Das alleine sorgt schon für Anspannung und eine “jetzt geht es los”-Stimmung.

Mir ganz persönlich will dieses “Frisuren-Ding” wirklich nicht in den Kopf: wenn ich es nicht mals schaffe, die Leute zu überzeugen, dass das jetzt wichtig ist für die am besten klingende Aufnahme ihres Lebens, wie will ich mich dann in einem Interview rhetorisch gegen sie durchsetzen, ohne in einen devoten Modus zu fallen?

Aber das ist jetzt meine ganz private Sicht auf das Thema, ich kultiviere in solchen Situationen gerne eine charmante Respektlosigkeit und komme damit gut durchs Leben. Das muss aber nicht für jede(n) passen.

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Schau mal, dass du beide Varianten einmal selbst ausprobieren kannst. Ich hab mit vielen unterschiedlichen Menschen aufgenommen und es vorher immer offen angesprochen und erklärt, warum wir das so machen würden und es gab nie ein Problem; vielleicht war es mal ungewohnt für eine/n Headsets zu tragen, dann macht man den Pretalk eben schon mit Headsets, um sich daran zu gewöhnen.

Es gibt mindestens zwei, die ich kenne, die mit deinem favorisierten Setup aufnehmen, die machen das aber NIE mobil, sondern haben stationäre Studios. Und es erfordert ganz schöne Mikrofondisziplin und ist weniger frei, als mit einem Headset.
Und: Ich würde immer auch Monitormöglichkeiten für die GästInnen schaffen; Was letztlich wieder ein starkes Argument für Headsets ist.

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Hallo,

Wir nehmen relativ viel mit einem mobilen Set Up auf und die NT1 sind tatsächlich Overkill. Spinne, Ständer, Poppschutz und die vor Ort evtl. problematische Raumakustik (mein Podcastpartner nutzt das Ding daheim und man hört wirklich alles in seinem Umfeld) schließen das Ding echt aus.

Die klassische Kombo H6 und Beyerdynamic Headset funktioniert einfach gut (schon öfter probiert) ansonsten könntet ihr aber auch mit Kleinmembrankondensator Mikros arbeiten (was ich persönlich lieber tue). Habe z.B. viel mit dem Rode M2 gemacht: Preiswert, kaum Handlinggeräusche, Klang einwandfrei und mit etwas Schaumstoff vollkommen Popp unempfindlich. Und das Ding unterdrückt hervorragend Nebengeräusche. Hall und Co sind damit kein Thema mehr. 4 Stück kosten etwa dasselbe wie ein DT297 und der Klang ist qualitativ vergleichbar. Und kleine handliche Mikrofonständer sind ja auch gut zu bekommen :grin:

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Hm. hmhm. Das muss ich wohl mal in meine Sammlung mit aufnehmen, danke für den Tipp.

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Das klingt echt spannend! Hört sich an, wie beim Procaster, dass auch wenig Umgebung abnimmt. Mit Schaumstoff meinst du diese Poppschutz für Handmikrofone?

Das klingt echt spannend! Hört sich an, wie beim Procaster, dass auch wenig Umgebung abnimmt. Mit Schaumstoff meinst du diese Poppschutz für Handmikrofone?

Genau, ist halt superpraktisch und reicht. Was Du beachten musst nur, ist halt dass das M2 gut klingt, aber eine Superniere ist. Wenn deine Sprecher gerne daran vorbei redet, dann hört man das recht schnell. Da gibt’s ein paar Sennheiser Optionen die schlechte Sprechertechnik etwas mehrverzeihen (habe auch ein E835 Dynamisches Mikrofon, mit dem Windschutz ist das da echt sicher, als Kondensator gibt’s das E865 aber das kostet schon über 200,- dann).

Du kannst mal in folgende Folge bei uns reinhören:
Bonusepisode Abspanngucker

Aufgenommen mit Zoom H6 und 4 Handmikros:
René und Patrick: Rode M2 (Kostet etwa 80,- )
Stephan: T-Bone MB78 (Shure Beta 87 Klon für schlappe 49,-)
Ich (Alex): Sennheiser E835 (um die 100,-)

Gemastert mit Auphonic, Mikros alle in der Hand gehalten in ner ganz normalen Wohnung ohne akustische Optimierung etc.

Funktioniert durchaus :slight_smile:

Dann rate ich zum Røde M3. Kondensator, aber nicht überempfindlich, vergleichsweise breite Niere, verzeiht außer Abstandsveränderungen überraschend viel - und hat die Option, für die Phantomspeisung auch einen 9-Volt-Block einzulegen (falls der Recorder dafür nicht genügend Saft hat).
Poppschutz ist mit dabei; eine elegantere Version kann aber nachgekauft werden.

Das M3 gilt als Nachbau des legendären AKG C1000 S (mittlerweile als MKIV am Markt).

Einen M3-Nachbau wiederum gibt es von der Handels-Hausmarke „Fame“, aktuell beim Musicstore (thomann hatte die mal unter anderem Namen, dann wieder nicht…), wo es sich zur Zeit „CM 5“ nennt. Der Name wechselt, der Nachbau bleibt - bei fast allen Händlern übrigens. Bitte lasst euch nicht von den Bewertungen täuschen, weil viele glauben, dass das ein AKG-Duplikat sei: dem ist nicht so; das Polardiagramm ist eindeutig und weiterhin fehlt der Aufsatz zum Umbau auf Superniere.

Zu dem Dynamiker Sennheiser e835 hatte ich mich hier schon mehrfach hinreichend ausgelassen - für mich nach wie vor erste Wahl wenn ich nicht weiß, was mich erwartet. Hat mich qualitativ noch nie enttäuscht.

Ja, durchaus sehr verlockend - meiner Auffassung nach jedoch in den Höhen überbetont. Nicht für Sprecher geeignet, eher für Sänger (mehr Background als Lead).

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Gute Wahl! Dann eher wahrscheinlich mit Stativ und Co statt als mögliches Handmikro für Gäste, aber dann ja. Glaube das nimmt Tilo Jung (Aufwachen) für diverse Zwecke. Klingt immer sauber.

MB78: Ich weiß was Du meinst mit den Höhen. Das M2 klingt eher zu dunkel, das MB78 zu hell. Mich schreckt es eher von der Materialanmutung ab: Die Rode Mikros sehen wertig aus und fühlen sich wertig an, das MB78 wirkt leider etwas billig.

Ich werf’ mal das AKG P170 (https://www.thomann.de/de/akg_perception_p170.htm) dazu.
Mit dem bin ich äußerst zufrieden, ist die 73€ definitiv wert. Wenig berührungsempfindlich, keine große Mikrofondisziplin nötig und nur 130g schwer.

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