Patreon vs. Steady vs PayPal?

Nein, ich unterschlage hier überhaupt nichts, es hinkt auch nichts und Du schilderst im Prinzip die richtigen Fakten, aber mit den falschen Schlüssen. Also noch mal in kleinen Schritten:

  1. Jede Zahlung an Steady durch Spender unterliegt der Umsatzsteuer. Das ist eine Umsatzsteuer auf die Leistung von Steady, die hat nichts mit der Abrechnung mit dem Empfänger zu tun und daher kann ich diese Umsatzsteuer später auch nicht mehr ziehen (bzw. wird auch für Spenden erhoben, die an umsatzsteuerbefreite Empfänger gehen). Sie wird von Steady direkt an das Finanzamt abgeführt und mit der vom Unternehmen für andere Dinge gezahlten USt verrechnet, aber der Betrag fließt nicht mehr in die durchgereichte Leistung ein. Von 100 EUR Spenden bleiben aber nach diesem ersten Schritt also nur noch knapp 84 EUR über (100 EUR - 19% USt).

  2. Von diesen 84 EUR werden dann die Plattformkosten abgezogen, die zwar nominell bei 10% liegen, diese 10% werden aber auf den ursprünglich gezahlten Bruttobetrag angerechnet, liegen also bei 10 EUR. Effektiv liegt die Plattformgebühr als bei 11,9%. Von den 84 EUR bleiben jetzt also nur noch 74 EUR über (und eben nicht 75,60 EUR wie man denken würde).

  3. Zusätzlich zu den Plattformkosten werden noch die Gebühren für die Zahlungsdiensleister abgezogen. Dieser Betrag lässt sich nicht klar fassen, da er davon abhängt, welche Dienstleister verwendet werden und welche Beträge übertragen wurden. Kleine Beträge bei PayPal können teilweise erhebliche Gebühren aufwerfen, werden die Summen größer wird es weniger. Für diese Diskussion kann man den Betrag auch mal ignorieren, aber er kann durchaus 1-3% der Summe ausmachen.

  4. Nun erst wird die eigentliche Abrechnung mit dem Empfänger vorgenommen. Bin ich Umsatzsteuerabzugsberechtigt wird diese Umsatzsteuer (rechtskonform) auf den Nettobetrag aufgeschlagen. Dies ist dann in der Gutschrift (also der von Steady ausgestellten Rechnung) auch aufgeführt. D.h. ich erhalte zwar einen höheren Auszahlungsbetrag (in diesem Beispiel ca. 88 EUR), doch muss ich diese Umsatzsteuer ja auch wieder an das Finanzamt abführen und ist für mich daher irrelevant.

  5. Für die Auszahlung via PayPal fallen natürlich auch noch mal Zahlungsgebühren an.

Bei Punkt 4 entsteht bei Dir die Verwirrung: ich muss diesen Umsatzsteuer-Betrag nicht „versteuern“, sondern „abführen“ (im Sinne von Umsatzsteuer). „Versteuern“ (im Sinne von Einkommensteuer) muss ich später den eigentlichen Nettobetrag. Das ist aber normal und hat mit Steady nichts zu tun, denn das müsste ich auch, wenn ich die Zahlung per SEPA erhalte.

Ich finde es nicht gut, dass diese Rechnung nicht klar präsentiert wird (insbesondere finde ich es etwas bekloppt, von einer 10% Gebühr zu sprechen, die effektiv höher liegt). Und meine Kernkritik liegt darin, dass das eigentliche Dienstleistung der Geldvermittlung nicht auch entsprechend rechtlich darstellt wird (in dem man sich als Zahlungsdienstleister bei der BaFin registriert) was den Umsatzsteuer-Verlust für den Empfänger am Anfang verhindern würde.

Letztlich ist die eigentliche Dienstleistung von Steady (und Patreon) der Aufbau einer Infrastruktur für Paywalls inkl. der dafür notwendigen Tools. Ein getrenntes Modell, wo die Spendenvermittlung als (umsatzsteuerfreie) Zahlungsdienstleistung geführt wird und der eigentliche „Mehrwert“ der Plattform (Paywall-Funktionen) auch als tatsächliche (umsatzsteuerflichtige) Dienstleistung durchgeführt werden würde, wäre auf jeden Fall fairer.

Ich stehe Paywalling sehr skeptisch gegenüber, aber genau diese Modelle entwickeln sich auf dem Markt derzeit stark voran. Das fördert natürlich einen The-winner-takes-it-all-Effekt, da populäre Angebote exklusiv bezahlt werden und die Leute am Ende weniger Geld für den Rest des Marktes übrig haben. Entsprechende Kommentare erhalte ich seit einiger Zeit auf Twitter (siehe z.B. https://twitter.com/Tifftoffo/status/913641971843035136 )

Am Ende seid Ihr es, die die Spender zu diesen „Dienstleistern“ schickt und nicht andersherum. Und für diesen Dienst bekommt man dann noch signifikante Abzüge auf die Spenden, die sonst auch anders hätte laufen können. Solange es nur um einfache Spenden geht schneidet man sich damit also nur unnötig ins eigene Fleisch. Und um so mehr der eigentliche Plattform-Effekt dann greift („oh, wieso bist du denn nicht auf Patreon, da wickele ich alle meine Zahlungen ab“), um so mehr wird man auch davon abhängig.

Nun, am Ende kann das natürlich jeder für sich entscheiden und ich sage ja auch nicht, dass Steady irgendwie evil ist oder so. Ich bin nur dafür, dass man sich da transparent macht und einem nicht ein X für ein U vormachen will und komplexe Zahlungswege auch erklärt und erklärt, warum irgendwas so sein muss und nicht anders. Sich da immer nur als Verteilungsengel hinzustellen und die eigene Rolle nicht klar darzustellen finde ich unangemessen.

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