Wie reagieren? Gast hat etwas gesagt, was er nicht darf, und möchte Änderung

Hallöchen,

nach 240 Folgen haben wir zum ersten Mal den Fall, dass ein Gast nach Veröffentlichung eine Änderung wünscht. Grund ist, dass er etwas gesagt hat, was ihm seine Verbandskollegen nun um die Ohren werfen.

Wir sagen jedem Gast vor der Aufzeichnung, dass wir schneiden und dann natürlich auch Dinge entfernen können, die er nicht veröffentlicht haben möchte. Kommt nur sehr selten vor. Den Fall, dass man nach der Veröffentlichung eine Änderung wünscht, hatten wir noch nie.
Es wäre vielleicht etwas anderes, wenn wir etwas sachlich Falsches gesagt hätten, aber wenn der Gast seine Kompetenzen überschreitet oder gegen Regeln seines Verbandes verstößt, ist dies doch nicht unser Problem, oder?

Rein technisch lässt sich die Audiodatei im Stream austauschen, aber YouTube schon nicht.

Wie würdet ihr reagieren?
Würdet ihr soweit gehen, die bestehende Folge auf YouTube zu löschen und eine neue Hochladen?
Würdet ihr in den Shownotes auf die Änderung hinweisen und auch den Grund nennen?
Gibt es eine rechtliche Verpflichtung, dies zu ändern?

Herzlichen Gruß

Vera

Was spricht dagegen dem Gast diesen Wunsch einfach zu erfüllen? Episode runternehmen, den Fauxpas rausschneiden und wieder hochladen. Ich würde dies nicht in den Shownotes erwähnen. Warum auch.

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Hallo,
ich würde das auch dem Wunsch entsprechend schneiden. Es soll ja keine neue Aussage daraus „gebastelt“ werden. Im Gegensatz zu einem gedruckten Interview ist so eine Änderung im Podcast komfortabel.
Anders als @Actionkult würde ich das aber vielleicht in den Shownotes erklären. Onlinemedien weisen bei „Zeitungsartikeln“ auch auf Änderungen hin. Ich würde mich kurz fassen („auf Wunsch von Dingsbums eine Passage entfernt… nicht sinnentstellend…“ - fertig). Der Grund wäre für mich einfach die Tatsache, dass es jemandem auffallen könnte, der sich die Episode zweimal anhört. Du bist vielleicht niemandem Rechenschaft schuldig, aber es gehört für mich zum „guten journalistischen Ton.“

Na ja, es kann schon hier und da zu Verwirrungen in der Hörerschaft führen. Auf YouTube kann ich nur die alte Folge löschen und eine neue einstellen.
Zum anderen kostet es mich auch zusätzliche Auphonic-Credits und vom Zeitaufwand will ich gar nicht reden.

Auf der anderen Seite: es ist jetzt einmal in 240 Folgen passiert, das ist noch echt überschaubar.

Und prinzipiell kannst Du auch Passagen mit MP3DirectCut rausschneiden, dann brauchste keine Auphonic-Credits und die Metadaten bleiben, soweit ich weiß, erhalten:

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Hi,

in YoouTube solltest du das selber auch editieren könne, wenn es wirklich „nur“ um ein Wegschneiden geht. Dort im Studio gibt es den „Editor“, mit dem du einige Dinge bearbeiten kannst.

Evtl. hilft dir das ja nicht die ganze Folge neu hochladen zu müssen. Ist ja immer doof, wenn man dann alle Comments und Likes verliert.

Gruß,

/marc

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Hallo Vera.

Wenn ihr schon 240 Folgen mit Gästen produziert habt, dann seid ihr doch Profis und habt mit euren Gesprächspartner vorab einen Vertrag aufgesetzt und natürlich auch vor Veröffentlichung der Episode die fertige Fassung den Gast zum Hören zur Verfügung gestellt, der das auch in der Form freigegeben hat.

Rechtlich müsstest ihr dann also aus meiner Sicht (habe nichts mit Recht zu tun) auf der sicherne Seite sein, wenn die Folge so, wie sie ist, online bleibt.
Ob das natürlich ein gutes Bild beim Gast hinterlässt, staht auf nem anderen Blatt.

Ob wir Profis sind, weiß ich nicht. Vielleicht sind wir geübt. :grinning:
Wir machen keine Verträge und geben die fertige Folge auch vorher nicht zum Hören an die Gäste. Wäre ja noch schöner.
Sie wissen vorher, worauf sie sich einlassen.

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Wow, das ist jetzt aber mal ne Ansage.
Ihr lasst also jegliche journalistische Grundsätze, die nicht nur für hauptberufliche Journalisten gelten, sondern auch für uns Podcaster gelten sollten und einfach zum „guten Ton“ gehören unter den Tisch fallen?

Ich hatte eigentlich gedacht, dass mittlerweile jeder weiß, dass man Episoden mit Gästen NIE ohne deren schriftliche Zustimmung veröffentlicht.

Dann habt ihr den Staffelstab an den Gast abgegeben und solltet euch ganz schnell an seine Forderungen halten.

Na ja, das mit den Grundsätzen scheint wohl nicht überall angekommen zu sein. Ich bin schon unzählige Male von professionellen Journalisten oder Journalistinnen interviewt worden und noch nie hat es einen Vertrag gegeben, geschweige eine Freigabe durch mich für den Text. Das Gleiche gilt für diverse Podcasts, bei denen ich war, auch bei Profis. Ich habe es allerdings auch bisher nicht gefordert.

In dem aktuellen Fall hätte dies auch gar nichts geändert. Der Gast selbst hatte ja nichts bemängelt. Erst nach Ausstrahlung haben ihn andere aufgefordert, dies zurückzunehmen.

P.S.: Zwischenzeitlich haben wir es entfernt. Man möchte sich ja weiter gut mit den Leuten stehen.

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Verträge mit Interview-Partnern würde ich als ungewöhnlich bezeichnen. Das Redigieren ist sicher üblich, aber eher in schriftlicher Form? Vielleicht kann sich jemand hier äußern, der professionell in dem Bereich arbeitet?

Dann bin ich hier wohl ein Fossil.
Bei mir geht nichts ohne Autorisierung des Gesprächspartners heraus. Das hat nicht nur etwas mit den rechtlichen Gegebenheiten zu tun, sondern schlicht und einfach mit Anstand und Respekt.

Letztendlich muss aber jeder so verfahren, wie er es vertreten kann.
Was im ungünstigsten Fall passieren kann, sieht man ja schön an diesem Beispiel hier.

BTW
https://journalistikon.de/autorisierung/

Autorisierung ist nicht vorgeschrieben, im Text-Journalismus für Interviews aber übliche Praxis, eigentlich Standard. Im Radio nicht, dort „gilt das gesprochene Wort“, soweit ich das von Kollegen höre (Live sowieso, aber auch zweitversetzt). Einen Vertrag für Interviews (mit WissenschaftlerInnen) habe ich in zwanzig Jahren (Text) nicht gemacht. Möglicherweise gibts das im Promibereich.
Wenn es sich im beschriebenen Fall nicht um ein investigatives Stück handelt, kann man ja freundlich sein zum Gast und das rausschneiden.

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Ich bin seit fast 25 Jahren Reporter im Radio, die meiste Zeit davon in freier Mitarbeit und mal mehr mal weniger tagesaktuell unterwegs. Wenn ich mit jeder interviewten Person vorher einen Vertrag anfertigen würde, könnte ich nicht mehr arbeiten. Es ist oftmals sowieso schon schwierig genug, in einem angemessenen zeitlichen Rahmen Interviewpartner zu finden. Wenn ich dann noch einen schriftlichen Vertrag verschicken, der Gegenseite Zeit für eine eigene rechtliche Prüfung einräumen und dann auf den Eingang der Antwort warten sollte, könnte ich meinen Job an den Nagel hängen. Ich habe in all den Jahren auch niemanden getroffen - weder bei Radiosendern, noch Kolleg:innen anderer Medien - die Verträge vor Interviews angefertigt hätten. Die Absprache ist hingegen immer sehr klar: Wenn die Aufnahme läuft, läuft sie, alles Material kann verwendet werden und ich bitte sehr ausdrücklich darum, dass mein Gegenüber „Stop“ sagt, wenn etwas nicht passt. Dass ich nicht sinnentstellend schneide versteht sich dabei von selbst. Ich hatte damit nie Probleme.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Schriftliche Verträge vor Interviews sind ganz und gar nicht üblich und ich bin mir sehr sicher, dass ich bei der sehr überwiegenden Mehrzahl meiner Interviewparter:innen, egal ob Privat- oder Amtsperson, sehr große Unsicherheit auslösen würde, wenn ich damit ankäme. („Da muss ich jetzt natürlich erstmal die Rechtsabteilung befragen, ob ich das unterschreiben darf.“)

Zur Ausgangsfrage: Das ist natürlich sehr misslich, wenn das passiert, aber es ist nicht dein Fehler. Ich hätte in diesem Fall auch in den sauren Apfel gebissen und die Passage entfernt. Schade um die Arbeitszeit, die dadurch entsteht, aber so sparst du dem Gast weiteren Stress und hast etwas für eine Reputation getan. Hast du dich dafür entschieden, die Änderung transparent zu machen? Wenn ja: Wie hast du das formuliert?

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Ich seh hier wirklich das Problem nicht. Der Aufwand ist doch wirklich klein. Kurz in die Tonspur reingehen, den einen oder die beiden Sätze rausnehmen, so dass man’s als ZuhörerIn nicht mitbekommt und gut ist. Zugegeben, ich weiss jetzt nicht, was für einen Podcast Vera betreibt.

Von welchem Zeitversatz zwischen Aufnahme - Veröffentlichung und Reklamation reden wir hier? Also wenn zwischen Veröffentlichung und Reklamation Jahre liegen, würde ich die Mühe nicht mehr machen und das mit dem Gast auch so besprechen.

Wenn es gerade erst passiert ist, wäre die Frage: Warum habt ihr die Folge erst veröffentlicht?

Aber: Wenn es seine Kollegen sowieso schon gehört haben, dann ist die Message ja schon draußen. Wäre die Frage, was eine Änderung jetzt noch bringt, wenn die betreffenden Leute das sowieso schon gehört haben.

Vielleicht wäre eine Lösung ihn nochmal in die Sendung einzuladen und eine „Statement“ Folge zu machen. → Hätte auch für euch einen guten Werbeeffekt und würde die Hörerzahlen pushen, denn viele sind an solchem Beef und den Statements interessiert :wink:

Es war am auf die Veröffentlichung folgenden Tag.

Wie schon erläutert, der Gast selbst hatte nichts gegen die Veröffentlichung. Ihre Verbandskolleginnen haben gemoppert, als sie es gehört haben.

Ich habe nun für kein Medium, für das ich journalistisch hauptberuflich gearbeitet habe, ein „Interview-Vertrag“ mit den Gesprächspartnern gehabt. Egal ob Bundes-/Landes-/Kommunalpolitiker, Kleintierzüchterverein, Marketing-/Businessmenschen oder Gudrun-von-der-Straße. Etwaige Absprachen lassen sich in der Regel im Mailverkehr belegen.
Das „Gegenlesenlassen und Fremdredigieren“ ist leider eine journalistische Unsitte geworden, um Gesprächspartner auch für weitere Interviews zu bekommen.

@zazou103 Glückwunsch zu 239 Folgen ohne Fauxpas :slight_smile: Ich habe es mir bei Gästen im Podcast zum Standard gemacht, meine Gesprächspartner am Ende des Gesprächs zu fragen, ob sie irgendwelchen Quark erzählt haben, den wir dringend schneiden müssen, weil sonst schneiden wir nichts.
Sollte jemand im Nachgang kommen und solche Wünsche haben, weil er komplett über die Kompetenzen getreten ist, würde ich dem Wunsch einmalig Rechnung tragen. Da sich nicht alles sauber schneiden lässt in so manchem Gesprächsfluss, ist es im Audio offensichtlich und daher würde ich auch in den Shownotes freundlich darauf verweisen, dass es eine frühere Version gab.

Du hast ja schon viele Antworten bekommen.
Zu Youtube habe ich noch einen Tipp:
Wenn du den Podcastfeed bei Youtube importieren lässt, dann gibt es eine einfache Möglichkeit das Video zu aktualisieren:

Klicke in der Videoübersicht auf die 3 Punkte unde wähle „Über RSS-Feed noch einmal hochladen“.
Youtube holt sich dann eine neue Datei und aktualisiert das Video direkt.

Zu der Sache mit den Verträgen:

Ich mache auch keine schriftlichen Verträge. Allein schon, weil ich vermeide Klarnamen von Menschen zu kennen. Das Format ist da halt speziell.

Allerdings erkläre ich zu beginn der Aufnahme inzwischen ein paar Regeln und sorge für aktive, hörbare Zustimmung. Das landet mit in meiner Audiodatei. So ist auch sehr sichergestellt, dass die Personen, die zu hören sind, dokumentiert aufgeklärt sind und dass sie zugestimmt haben.

Auf meinem Spickzettel steht das grob so:

  • Wir nehmen heute den Podcast auf und werden den Veröffentlichen
  • Wenn wir heute fertig sind, frage ich dich noch ein mal, ob du das wirklich veröffentlichen willst. Im Zweifel löschen wir die SD-Karte direkt wieder - Das ist noch nie passiert
  • Du kannst dich jederzeit korrigieren und auch Regieanweisungen laut aussprechen. Z.B. „Nimm den letzten Satz raus“
  • Du erhältst einen Rohschnitt und hast dann ca. 3 Tage Zeit mir Korrekturen mitzuteilen
  • Werden es zu viele oder verändern diese „die Seele“ der Aufnahme, findet im Zweifel keine Veröffentlichung statt
  • Bis zur Veröffentlichung kannst du immer noch „Stopp“ sagen und nichts wird veröffentlicht
  • Nach Veröffentlichung werden Änderungen nur in absoluten Ausnahmefällen gemacht. Kommt es dazu, mache ich das durch ein Voiceover kenntlich und erkläre dem Publikum, dass da etwas verändert wurde.
  • Es wird ein von Hand redigiertes Transcript geben, dass jedes Wort enthalten wird. Google und Co. können das finden
  • Eine Löschung der Episode ist jederzeit möglich. Was jedoch im Internet steht, ist kaum wirklich zu entfernen. Sei dir dessen bewusst.
  • Du bekommst Zugriff auf tägliche Statistiken deiner Folge über die Webseite und bekommst Zugriff auf ein separates Blog zu deiner Folge, wo du in Zukunft Ergänzungen, Korrekturen & Antworten auf Kommentare publizieren kannst
  • Du kannst auf der Webseite selbst einstellen, ob du vom Publikum kontaktiert werden kannst und welche Kontaktinformationen und Links du zu dir teilen möchtest. Das kannst du jederzeit ändern oder ganz abschalten
  • Alles Verstanden? Bist du einverstanden? Wollen wir loslegen? …

Damit fahre ich ziemlich gut und fühle mich ausreichend sicher. Zum Glück musste ich bislang noch keine Folge zurückziehen.

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Wir haben im Kontext von Nerdtalk Extended immer wieder Interviews.
Kurz zur Abgrenzung: Es gibt Nerdtalk mit eingespielten Moderatoren. Zumeist Stammoderatoren, manchmal Gäste.

Im normalen Nerdtalk-Kontext gibt es im Nachgang die, gar nicht mal formal-juristisch gemeinte Frage, ob man was herausgeschnitten haben will - selbst Stammmoderatoren wollen teilweise einen Eingriff.
Sofern dies den Kontext nicht verfälschend ist, schneide ich das raus. Stammmoderatoren oder regelmäßige Gäste - egal.

Mehr Vorsicht, aber fast die selben Regeln gelten bei einmaligen Gästen, in der Regel in dem Interview-Format Nerdtalk Extended.
Diese erhalten den Rohschnitt (inhaltlich 100%, nur nicht gemastert) zur Vorhörung. Sofern einzelne Passagen, die im Gesamten weiterhin den Grundinhalt widerspiegeln, nicht gefallen, schneide ich das weg. Auch ganze Fragenblöcke schneide ich, sofern nicht gefällig, aber auch sofern ich sie nicht als relevant erachte, heraus. Es kann halt sein, dass man aus der Situation heraus eine Frage stellt, die den Interviewpartner kompromittiert, was ganz klar nicht inhärentes Ansinnen der Fragewar.
Letzteres ist bisher ein Mal passiert.

Bauchgefühl. Kirche. Dorf.
Wir (als Nerdtalk) sind bei allem Podcaster-Größenwahnsinn kein relevantes journalistisches Medium. Noch haben wir weder inhaltlich noch methodisch die Kompetenz, ein Interview mit sehr schwierigen Partnern wirklich im wahrsten Sinne des Wortes zu führen.
Ich habe ausgesprochen Respekt vor den Mioskas und Zamperonis dieser Welt, die solche Interviews führen.

Aber. Das. Sind. Nicht. Wir.
Weder medial noch vom Aufschlag.
Ich bin stolz darauf, mit spannenden Interviewpartnern einen tollen Einblick in die, bei mir eben, Filmwelt zu bieten. Ich will ihnen keine Probleme machen. Wenn es keine erheblich relevanten Themen sind, die den Blickwinkel oder Aussagekraft in erheblicher Weise beeinflussen, bin ich auf jeden Fall für das Anpassen oder gar Entfernen von Antworten.

Noch einmal: Das hat was mit der Reichweite und der Verantwortung zu tun.
Natürlich müssen wir einen Pseudo-Journalismus wahren, da gibt es keine Frage.
Aber es gibt einen Unterschied zwischen Tagesthemen und unseren Private-Podcasts. Und so lange wir als Private Podcast positionieren, müssen wir immer noch nicht jeden Frosch schlucken, sollten aber zugleich dankbar sein, als „kleines Medium“ hochwertige Gesprächspartner zu erhalten.
Und so brechen sich alle keinen Zacken aus der Krone, gegenseitig etwas aufeinander zuzugehen.

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