Let's talk about kurze Podcasts

Naja, Du steigst aber mit der These ein die Studie sage tatsächlich wie behauptet aus, Menschen bevorzugten kurze Podcasts. Das wirft eben auch die Frage auf was die Befragten denn glaubten, dass ein Podcast sei… Je nach Medium ist dann eben u.U. auch die Verbreitungsmechanik Teil der Definition.

Eine Radiosendung ist eben erst dann eine Radiosendung wenn sie „gesendet“ wird. Ein Podcast hat eben auch einige Definitionsnotwendigkeiten um ihn ggf. von Audiobooks, Radio, Funknachrichten etc. abzugrenzen. Manche sagen abonnierbar und seriell reicht, andere wollen noch eine unabhängige Produktionsphilosophie, wieder andere verlangen nach der freien Wahl der Konsum- und Verteilungsmechanik. Das Problem nun (und der Grund warum das auch hier immer wieder die Diskussion durchdringt): Ohne sich auf ein paar Parameter zu einigen kann man die Bitkom Studie eben gar nicht interpretieren sondern nur rumvermuten. Hatten die Antwortenden eigentlich Radiosendungen im Sinn? Hätten sie auch nach kurzen Inhalten gerufen wenn man sie irgendwann vorher auf Hörbücher angesprochen hätte? Sind es Vielhörer, Wenighörer? All das spielt eine Rolle…

Ansonsten stimme ich Dir im Übrigen zu: Es lohnt sich mal über die Länge nachzudenken. Ich persönlich vertrete die unpopuläre Ansicht, dass die meisten langen Podcasts eigentlich nur so lang sind weil Freiheit im Format mit Freiheit sich nicht vorbereiten zu müssen verwechselt wird. Die Länge von Podcasts sollte aber in erster Linie vom Thema, dem Format und dem Publikum definiert werden. Da lohnt es sich eben darüber nachzudenken. Das tägliche Wort wäre schon mit einer Minute Länge zu lang. Der Podcast „Hardcore History“ von Dan Carlin hat Episoden mit 6 Stunden Länge und weil jede Folge eine Art Hörbuch in Podcastform ist würde niemand verlangen, das auch nur um eine Minute zu kürzen.

Jedes Format - davon bin ich überzeugt - hat einen Bereich, der eine Art Sweetspot darstellt. Eine tägliche Nachrichtensendung hat den bei 10-20 Minuten, ein Interviewformat bei 30-45, eine Gesprächsrunde bei 1-3h, ein monologisches Kommentarformat vielleicht bei 5 Minuten.

Hinzu kommt, dass jede(r) Bitkom-Befragte vermutlich dem eigenen Lieblingsthema gerne mehr Zeit geben würde. Nachrichten oder auch Interviews mit Sportlern oder Medienmenschen oder Hintergrundreportagen sind selten so speziell, dass sie das eigene Lieblingsfeld betreffen. Aber wenn ich FPV Dronen-Fan bin und ein Podcast einmal im Monat 3h mit Stars der Szene in lockerer Gesprächsrunde zusammenbringt, dann mache ich dafür evtl. Zeit während ich für alles andere vielleicht lieber nur Minuten statt Stunden einplane…

So… das war jetzt ein sehr langes „es kommt verdammt noch mal darauf an!“. Die Studie ist genau gar nichts wert wenn man sich nämlich letztendlich eines vor Augen führt: Der Podcast „sucht“ sich auch das eigene Publikum. Hörer der Formate von Marcus Richter (https://richter.fm) haben z.B. kein Problem mit Sendungen in genau einer Stunde Länge :wink: und ich nehme an es gibt genug Fans… Es geht eben nicht darum den massentauglichen Durchschnittsgeschmack zu verstehen. Podcasts wollen und sollen spezielle Vorlieben bedienen, ja es ist sogar ihre Stärke, dass sie das können. Und wenn „nur“ 1000 Leute in Deutschland einen Faible für 5 Stunden über Mineralogie haben, dann ist das ein tausendmal erfolgreicherer Podcast als die seelenlose 15 Minuten Politkommentarschow von der es dieser Tage pro Zeitschriftenverlag mindestens 2 zu geben scheint…

//D

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