Aufnahmen in schlechten Akustiken

Das hier ist schon was für die richtig krassen Audionerds unter Euch. Und zwar hab ich im Reaper-Forum nen Thread gefunden, in dem es darum geht, in echt schlechten akustischen Umgebungen noch gute oder zuindest akzeptable Aufnahmen machen zu können.

Da ist schon echt abgefahren, advancter Kram mit bei, aber für den Einen oder die Andere lesenswert:
https://forum.cockos.com/showthread.php?t=237023

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Mein Lieblingstipp ist dieser hier:
https://forum.cockos.com/showpost.php?p=2296609&postcount=23

Den ich mal dreisterweise übersetze:

"Habt Ihr jemals einen Boxkampf [geschaut] und der Ringsprecher hält in der Hand, was nach 2 Mikrophonen aussieht?

Nun, es sind 2 Mikrophone, aneinandergebunden.

Beachte, er redet absichtlich in nur eines der Mikrofone. Aus Gründen.

Die 2 Mikrofone sind normalerweise von der gleichen Marke. Du kannst sowas benutzen wie ein SM57.

Der ‚Trick‘ … eines der Mics ist 180[°] in der Phase gedreht(Umgedrehte Polarität)

Jeglicher Sound, der beide Mikrofone trifft(der Raumsound, oder wenn Dein Unterrichtsraum laute Leute hat) wird ausgelöscht.

In nur eines der beiden Mikrofone zu sprechen, ermöglicht es dem Signal, welches ‚durchkommen‘ soll, gehört zu werden.

Vielleicht etwas, was funktionieren kann.[Anm: für den Thread-Eröffner]"

In gewisse Weise ist das genau der gleiche Effekt, der auch bei Karaoke angewendet wird um die originale Gesangsstimme wegzubekommen:
Man hat zwei Kanäle, links und rechts. Man dreht nun einen(!) der beiden Kanäle in seiner Phase um 180° und mischt die Kanäle zusammen.
Alles, was auf beiden Kanälen zu hören ist, wird ausgelöscht und ist nicht mehr zu hören, alles, was nur auf einem der beiden Kanäle zu hören ist, bleibt weiterhin hörbar.
Da Gesang normalerweise in der Mitte von einem Gesangsmix gepackt wird, wird er ausgelöscht, weil in der Mitte von StereoKanälen praktisch bedeutet: Du bist auf beiden Kanälen(links und rechts) identisch laut zu hören.

Das ist kein perfektes Verfahren, weil es noch immer Dinge gibt, die auf beiden zu hören sind, jedoch auf einem Kanal leiser als auf dem Anderen. Daher kann es zu Audioartefakten kommen. Im Fall von Karaoke, hört man leise noch irgendwas vom Gesang(meist leise Hallanteile, die nicht ausgelöscht werden konnten) oder es zusselt oder klingt anderweitig komisch.
Es funzt aber erstaunlich oft und kann ne Menge lösen.

Wenn man das obige also anwendet, dann verhält sich der Umgebungslärm,wie die Stimme bei Karaoke: er ist auf beiden Mikros zu hören, wird aber ausgelöscht durch das Phasendrehungsverfahren.
Wenn die sprechende Person also NUR IN EINEM(!) der beiden Mikrofone zu hören ist, kommt das durch, während der andere Kram ausgelöscht wird.

Wenn Ihr als wisst, Ihr werdet in schlechten akustischen Umgebungen aufnehmen ohne ne Alternative zu haben, könnt Ihr so vielleicht etwas reissen.

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Den Doppelte-Mikro-Trick ist AFAIK erstmals beim „Wall of Sound“ von Grateful Dead zum Einsatz gekommen. Man muss dabei das eine Mikro (und NUR eines) echt nah besprechen. Durch den Phasendreher ist der Klang aber schnell dünn - was damals auch diverse Aufnahmen versaut hat. Den Trick braucht man aber auch nur bei extremem Umgebungsschalldruck.

Der eigentliche Trick ist viel simpler: das Mikro nah am Mund. Und genau dafür sind Vocal-/Gesangsmikros gebaut: vertragen vergleichsweise hohen Schalldruch (weil nah), im Vergleich zu Studiomikros relativ unempfindlich, Nierencharakteristik (also zu den Seiten hin unempfindlicher).

Das typische SM-58 „Eistüten“-Mikrofon hält man, wenn man noch keine Routine hat, am besten direkt hinter dem Käfig, strecht den Daumen parallel zur Mikro-Achse in Richtung Mund (entgegengesetzt zum Anschluss). Mit dem Daumen stützt man sich dann DURCHGEHEND am Kinn ab - und hält so eine konstante, passende Entfernung. Wenn es zu sehr ploppt, dann das Mikro bis zu 45° nach links oder rechts drehen und an der Kinn-Ecke abstützen, so dass es auf die jeweiligen Eckzähne zeigt.

Aber immer mit dem Daumen abstützen. Wenn man dann irgendwann die Distanz 'drin hat („Mikrofondisziplin“), erst dann kann man auf den Stützdaumen verzichten.

Oder ein gescheites Headset bzw. Nackenbügelmikro verwenden - aber ausschließlich mit Kondensatormikros mit Nierencharakteristik. Dann hat man auch die Hände frei, und das Mikro ist immer an derselben Stelle und nah am Mund.

Oft genug verwenden Laien das im PC eingebaute Mikro - und das dann aus 1-2m Entfernung eingesprochen klingt halt entsprechend sch…lecht. Und mit enstprechend viel Raumklang - der von der Wand reflektierte Klang ist dann nicht viel leiser als die aus der Ferne kommende Originalstimme. Dito Mikrofone von Telefonen im „Videoeinsatz“ wenn das z.B. die Tafel mitfilmen soll.

Bei den mitgelieferten Kopfhörern mit Mikro ist letzteres zwar schon mal näher am Mund - aber die Qualität der eingebauten Mikros ist oft genug geradezu bemerkenswert grottig.
Und teuer muss Klang nicht sein: ein billiges Behringer U-Phoria für 30,- plus Kabel plus ein billiger SM-58 Abklatsch für 20,- (meine Güte, sind die inzwischen billig geworden).
Ein brauchbarer Klang ist für unter 50,-€ zu haben.

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Ich habe in einem Kunstmuseum ab und zu Lavaliermikrofone in der Hand, welche nicht nur „oben“ (Richtung Gesicht) ein Mikrofon haben, sondern auch ein kleines an der Stirnseite. Der Hersteller hat mir dann gesagt, dass das Zweite benutzt werde, um in Echtzeit Nebengeräusche und Nachhallreflexionen zu vermindern – clever.

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