Zoom H6 im Reportageeinsatz

Ich plane, ein Zoom H6 zu kaufen, das für stationäre Aufnahmen (längere Gespräche am Tisch) und für Reportagen (kurze Gespräche stehend, fortbewegend) mit externem Mikro gleichermaßen dienen soll. Im stationären Einsatz habe ich bereits mit dem H6 gearbeitet und bin überzeugt, dass es mir taugt. Mobil hatte ich es allerdings nie im Einsatz und freue mich über Eure Erfahrungsberichte.

Im einzelnen stelle ich mir folgende Fragen:

  • Ist die seitliche Anordnung der XLR-Eingänge störend, wenn das Gerät nicht am Tisch steht, sondern in der Hand gehalten wird?
  • Kann ich es im Zweifelsfall auch in eine Umhängetasche stecken, um die zweite Hand frei zu haben? Steuern könnte ich es ja dann im Ernstfall immer noch über die Fernbedienung, die ich mir irgendwo anklemme.
  • Bei anderen Aufnahmegeräten (von Nagra) kenne ich praktische Taschen/Hüllen, die das Aufnahmegerät einerseits schützen (Spritzwasser, Kratzer) und andererseits das Umhängen ermöglichen. Die Hüllen sind so gebaut, dass das Gerät im Reportageeinsatz immer noch problemlos bedient werden kann (durchsichtige Folien, aufklappbare Laschen). Gibt es so eine Hülle auch fürs H6? Haltet Ihr es für sinnvoll?
  • Gibt es spezielle Probleme, auf die Ihr im Reportageeinsatz gestoßen seid?

Der Zoom H6 hat extra Aussparungen, an denen man ein Standard-Kameraband befestigen kann. Damit kann man ihn sich prima um den Hals hängen. Ich hatte meine mobilen Erfahrungen im Podunion Magazin schon mal erzählt. Hier: http://podunion.com/podunion/podunionpodcasts/magazin/163655/pmc004#recording

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Danke, Martin! Dein Erfahrungsbericht hilft mir weiter.

Interessieren würde mich aber noch, ob der H6 auch praktisch ist, wenn man nicht ein langes Gespräch mit Headsets führt, sondern viele kurze mit unterschiedlichen Personen mit einem Handmikro. Da muss man ja dann erheblich mehr pegeln. Passt die Haptik des Geräts dafür Eurer Meinung nach?

Ich hatte das H6 bei meiner 31C3-Episode als Fieldrecorder im Einsatz (mit den mitgelieferten Aufsteckmikrofonen). Den Formfaktor des Geräts finde ich dafür nicht ideal, dafür ist es ein bisschen zu schwer und breit, es liegt nicht so gut in der Hand wie ein H2/4 oder ein Olympus aus der LS-Serie. Was ich empfehlen kann ist ein Handstativ. Bei meinem H2 war das im Lieferumfang dabei.
Nachteil da ist wiederum, dass sich das Gewinde dafür unten in der Mitte des Geräts befindet, fühlt sich auch nicht ganz ideal an, aber hat bei mir gut funktioniert.

Ich hatte das externe Mikro in der rechten Hand und konnte mit der linken immer mal wieder leicht der Recorder anheben und so ganz gut die Pegel kontrollieren. Dabei hätte ich auch gut an den Stellrädern drehen können, da der Recorder ja am Band absturzsicher um den Hals hing. Allerdings habe ich sehr wenig nachgeregelt. Wenn ich mit dem Zoom H4 aufnehme, habe ich nur 3 Empfindlichkeitsstufen (niedrig, mittel, hoch). Da habe ich mit “mittel” ganz gute Erfahrungen gemacht. Entsprechend habe ich beim H6 auch einen mittleren Wert eingestellt (zwischen 5 und 6) und weitgehend auch da stehen gelassen. Das ging ganz gut.

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Wenn man die Aufsteck-Mikros nicht nutzt, dann kann man die abmachen - das H6 wird dadurch viel kompakter. Wenn man nur 1-2 Mikros anschließt, dann kann man die auf einer Seite lassen und das H6 beim Transport seitlich in eine Messenger-Umhängetasche legen und hat alles dann griffbereit. Beim Einsatz nehme ich das dann (mit Kamera-Handschlaufe als Absturzsicherung) in die Hand und zeichne die Interviews entweder nur mit Aufsteckmikro oder Hyperniere-Reportermikro plus Aufsteckmikros als Ambient/Backup auf. Die Kabel liegen dabei am besten auf der Daumenseite - dann kann man “nebenbei” einhändig den Pegel nachregeln.

Von den Aufsteck-Mikros ist das M-S nicht für Interviews geeignet, da zu viel von “Rundrum” mit auf die Aufnahme kommt, und für Konferenztisch-Aufnahmen auch nicht, da das H6 dazu stehen müsste. Das L-R ist für Interviews zwar besser, auch nicht wirklich ideal, da man das dann so halten muss, dass man die Anzeige nicht mehr sehen kann. Für Gerät-Hinhalte-Interviews ist da ein H2n viel besser geeignet, ebenso für 1-Gerät-auf-den-Tisch-stell Meeting-Aufnahmen. In diesen beiden Kategorien überholt der “Kleine” den “Großen” locker (und ist da auch recht einsame Spitze).

Bei Pressekonferenzen ist dagegen der H6 im Vorteil, da die Richtwirkung der X/Y-Mikros besser ist als beim H2, und man (wenn angeboten) zusätzlich den Feed von der Saal-PA mitschneiden kann, dann hat man vielen anderen Reportern gegenüber mehr als nur eine Nasenlänge Vorsprung: man kann aus mehreren Soundqualitäten auswählen und hat trotz sauberem Saalfeed immer den Fallback auf den Direktschall. Dasselbe gilt für Konzertmitschnitte.

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Mit welchen Einstellungen nehmt ihr auf? Compressor und Limitier aktiviert? Oder doch lieber “raw” und dann später am PC alles schick machen? Habt ihr Auto-Pegel an? Oder lieber händisch vor der Aufnahme anpassen und dann hoffen, dass es passt?

Alles deaktiviert - Zoom nimmt sonst mit einem viiiiel zu leisen Analog-Pegel auf rechnet den dann digital hoch - mit entsprechendem Rauschen.

Man muss sich allerdings angewöhnen, mit einem satten Headroom aufzunehmen (wenn die ersten Balken zuverlässig flackern, dann ist’s genug). Dafür nehme ich aber mit 24bit (@44.1kHz) auf, damit das Digitalrauschen nicht zu hoch wird.

Der (fehlende) Headroom kostet dann schon mal das ein oder andere Interview, bis man das “zu niedrige” Aussteuern verinnerlicht hat.

Was ich aber sicherheitshalber mache: die Backup-Spur ist aktiviert, wenn ich mit dem Wechselkopf arbeite. Die nimmt L/R noch einmal aber mit 6? 12? dB weniger auf. Die habe ich zwar noch nie gebraucht, aber bei Lernen durch Schmerz nimmt man gerne die Hosenträger zum Gürtel mit dazu - vor allem, wenn das nur ein Klick ist und “nichts” kostet.

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Also alle Effekte raus und lieber erstmal viel zu leise aufnehmen, weil man das nachher am Rechner entsprechend hochziehen kann.

Hm, aber bekomme ich dann nicht auch wieder Rauschen rein, wenn ich das am Rechner digital hochziehe? Wohl immer noch besser als Übersteuern. Das kann man nicht mehr retten.

Der Trick ist, „ausreichend zu leise“ denn „viel zu leise“ auf zunehmen. Denn „viel zu leise“ macht der Zoom auch, wenn man die Effekte aktiviert…

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