YouTube Zweitverwertung Pro und Contra

Der @eazy hat im Thread „Eine kleine Podcastschule“ einen wirklich guten Post von Daniel J Lewis verlinkt in dem Daniel versucht zu erklären warum Zweitverwertung von Podcasts auf Youtube eine schlechte Idee ist (seiner Meinung nach).

Ich reagierte dann so:

Und Joey fragte nach :slight_smile:

Hier also mal kurz meine Meinung zu Daniels Argumenten. Würde mich über Eure Erfahrungen freuen…

  1. The supporting reasons are mostly misunderstood and short-term:
    Das Argument lass’ ich ihm jetzt mal so. Wie so oft im Leben ist es halt ein „es hängt davon ab was man genau tut“ :slight_smile:

  2. It’s abusing the platform:
    Das ist ehrlich gesagt kein Argument. Als auf Twitter die ersten Photos und Videos gepostet wurden war das auch „Platform Abuse“. Wenn Nutzer eine Plattform anders nutzen als ihre Schaffer es sich erdacht haben, dann ist das eine Gelegenheit und kein Problem. Meist kommt da dann das Argument (das auch Daniel später macht) „Aber Leute suchen nun mal nach Videos und nicht nach Audio!“ und das stimmt so nicht. Jeder der Teenager daheim hat (wie ich) und mal genau hinschaut wie die Youtube nutzen wird feststellen, dass die manchmal im Hintergrund Youtube laufen lassen um Musik zu hören und ähnliches. Das Argument hinkt also.

  3. The “view” stats are meaningless:
    Ist das überhaupt ein Argument pro oder contra? Für Podcasts sind „Downloadstats“ auch meaningless und trotzdem interessant als generelle Größenordnung. Wie so oft muss man nur verstehen was man daraus ableiten kann und was nicht.

  4. Engagement rates are horrible:
    Hängt vom Kanal und Format ab, aber grundsätzlich gilt das potentiell für alle Kanäle gleichermaßen. Ich veröffentliche z.B. Hinweise auf meine Inhalte auf Reddit und kann nicht behaupten, dass da die Luzi abgeht. Dasselbe stimmt für manche der Blogs die ich betreibe. Evtl. ist das goldene Zeitalter der Online Interaktion am Abklingen und es hängt wieder mehr vom individuellen Fall ab wie viel Aktivität aufkommt? So oder so: Youtube kommt „on top“, wenn keine Interaktion aufkommt kratzt das eigentlich nicht weiter und ist kein Argument „dagegen“.

  5. Your channel’s and videos’ rankings will be demoted:
    Maybe. Ich habe da keine Insider Infos (muss ich dazusagen, denn obwohl ich bei Google arbeite bin ich kein SEO Spezialist und habe auch keine speziellen Kenntnisse dazu wie die Youtube Algorithmen arbeiten). Dagegen hilft aber auch ein einfaches Kraut: Pack’ einfach Deine Videos in einen separaten Kanal und sie können keine Auswirkung auf Deine „echten“ Videos haben.

  6. YouTube doesn’t like your making people leave:
    Ich glaube, das gilt für jede Form von Inhalt :slight_smile: Es gibt „echte“ Videos die vertreiben Leute weit effektiver als so manches Podcast-Video. Außerdem ist dieses Argument schlicht eine Variation von Punkt 5.

  7. Content ID gives content owners control over your videos:
    Jau. Vielleicht einigen wir uns einfach darauf, dass wir keine Videos mit copyrighted Material produzieren sollten? :wink: Daniel ist aber natürlich Amerikaner, da greift das Argument vielleicht eher, denn die dürfen ja unter bestimmten Bedingungen Fremdcontent nutzen (Stichwort „fair use“). Bei uns gilt das nicht und das Argument damit auch nicht…

  8. Copyright strikes are aggressive:
    Zu Recht. Don’t do it in the first place. Mimimimimi.

  9. Monetization may be limited:
    Betrifft mich nicht, betrifft mangels Volumen auch die wenigsten in unserer Podcaster-Szene in Deutschland und wenn Daniel ehrlich ist, betrifft das auch die Wenigsten in der US Podcaster Szene. Ganz davon abgesehen könnte man genauso wie in Frage 4 antworten. Es käme „on top“ anyway, ist also bestenfalls zusätzliches Einkommen und im Worst Case eben gar keins wie davor auch schon.

  10. YouTube may flag your fake videos as spam:
    Habe ich in der Realität noch nie gehört, nie gesehen und lässt sich als Risiko mit ordentlichen Settings (z.B. wechselnde Hintergrundbilder, Waveform statt Standbild, Untertitel) in den Griff bekommen. Unterm Strich wird YT dich aber vermutlich einfach in den Suchergebnissen runterranken und nicht aussortieren…

  11. It makes your channel the little boy who cried, “WOLF!”:
    Kommunikation ist key. Wenn Du einen Podcast veröffentlichst, nenne es Podcast. Und auch sonst: Youtube ist ganz gut darin unerwünschte Inhalte zu filtern. Worst case ist also, dass Du nicht gefunden wirst…

Fazit:
Ich habe angefangen, meine Podcasts auf youtube zu packen weil ich von Hörern danach gefragt wurde und es für mich genau gar kein Aufwand ist bei Auphonic ein entsprechendes Upload-Target zu konfigurieren.
Anerzählt wird dabei zu meiner Überraschung doch recht regelmäßig via Empfehlung von Youtube mit Hörern versorgt und die hören im Schnitt mehr als 1/3 meiner Episodenlängen durch. Tatsächlich habe ich eine Menge Episoden, die zwischen 80 und 100% Retention Rates haben. Jetzt ist der Anerzählt zwischen 2 und 8 Minuten lang, damit ist das vielleicht einfach ein besonders kompatibles Format, wer weiß.

Auf Youtube Abonnenten braucht man allerdings auf dem Weg wirklich nicht hoffen. Nur wenige klicken auf „Subscibe“. Wenn man Glück hat, kann man aber Hörer für den „echten“ Podcast gewinnen.

Meine Meinung ist also Folgendes:

  1. In der Tat schadet es bei uns kaum auf Youtube aktiv zu sein. Es lohnt sich ein paar Überlegungen anzustellen (eigener Kanal statt mixed mit anderen Videos, wechselnte Videoinhalte statt immer nur das Channelbild…) aber ansonsten fügt YT Hörer hinzu.
  2. Wer wirklich erfolgreich sein will, sollte allerdings weit mehr Aufwand reinstecken. Dann gibt es auch ein riesiges Potential abzuschöpfen. Mehr Aufwand heißt dann aber auch „echte“ Videos zu produzieren statt nur Podcast-Waveform-Zweitverwertungen und man sollte dann auch den Aufwand investieren geeignet auf den Podcast selbst hinzuweisen…

//D

4 „Gefällt mir“

Danke für deine Ausführungen. Auch ich würde nicht alle seine Punkte unterschreiben.

Ich mache meine Antwort auf die individuelle Frage „Soll ich auf [hier Kanal einfügen] vertreten sein?“ simpel an zwei Fragen fest:

  1. Kann ich den Zusatzaufwand bewältigen?
  2. Biete ich damit einen Mehrwert? (Yea, Buzzword :heavy_check_mark:️)

Den Podcast praktisch 1:1 auf YouTube zu laden, ist recht einfach, bringt meiner Ansicht nach aber keinen Mehrwert. Eine zappelnde Waveform macht meine Podcasts nicht besser. Verfügbar sind sie auch ohne YouTube problemlos. Mobil gar fast noch besser.

Nachteil: Wer auf YouTube z.B. nach „Game Talk“ sucht, wird meine Sendungen nicht finden. Das muss ich akzeptieren. Ich glaube hier der Behauptung, dass YouTube meine Podcasts wohl auch nicht prominent genug zeigen würde. Entsprechend verliere ich wohl wenig bis nichts.

Aber: Das heisst selbstverständlich nicht, dass YouTube für PodcasterInnen generell eine schlechte Idee ist. Niemand will das Daniel in den Mund legen.
Ich sehe Mehrwerte dort auch in einem begleitenden Angebot. Vielleicht in Form von Tutorials, „Behind the Scenes“ Videos oder was halt zum jeweiligen Podcast passt und von bewegten Bildern profitiert.

Ich glaube man sollte nicht unterschätzen, wie resistent manche Leute dagegen sind, sich neue Kulturtechniken anzueignen, wenn sie bereits eine (wie hier Youtube-klicken) beherrschen.

2 „Gefällt mir“

Da ist sicher was dran. Da bin ich vielleicht zu stur oder zu naiv.
„Einfach klicken“ gäbe es auch auf meiner Webseite. Da aber wieder: Die wird nicht von der YouTube-Suche ausgespuckt.

@dirkprimbs Erstaunlicherweise postest nicht nur Du selbst Deinen Podcast bei YouTube, sondern auch jmd. anderes und der erreicht mehr Reichweite damit als Du


3 „Gefällt mir“

Mein Podcast fliesst auch zu YouTube, normalerweise haben die Eisoden 2-50 Views. Aber eine Episode ist bisher 2400 mal abgerufen worden, gerade eine zu einer komplexen Forschungsmethode. Ich denke, dass ist der Suchmaschineneffekt YouTubes https://www.youtube.com/watch?v=4JPYkVJz9yo

2 „Gefällt mir“

Mit anderen Worten: Bist du bei Youtube oder weißt du es nur noch nicht? :neutral_face:

Ich bin bei Youtube und anscheinend postet außerdem noch jemand anderes meine Podcasts zusätzlich auch in seinem Kanal. Nachdem der aber auf die Quelle verweist ist mir das gleich.

Das war keine Frage, sondern der Versuch eines Slogans à la “wohnst du noch oder lebst du schon”. :wink:

Aber interessant, dass dir das egal ist. Würde nicht auf die Quelle verwiesen, wäre es anders?

Ich bin entspannt solange ich als der richtige Urheber ausfindig gemacht werden kann. Ich möchte schließlich idealerweise neue Hörer gewinnen und das geht nicht wenn mein Inhalt praktisch anonym zum Verbreitern eines fremden Kanals genutzt wird. Solange aber auf mich verwiesen wird habe ich kein Problem damit.

//D

1 „Gefällt mir“

Schöne Zusammenstellung, die ich noch über zwei Pro-Argumente ergänzen würde:

YouTube hat ein anderes Publikum
Ich sehe an den - gar nicht mal so wenigen - Kommentaren bei Youtube, dass fast ausschließlich Hörerinnen und Hörer den Podcast da konsumieren, die ihn vorher nicht kannten. Kein einziges bekanntes Gesicht, auch eine ganz eigene Kommentarkultur - aber nicht so schlecht wie es das Klischee sagt. Die sind eher überrascht, dass ich immer antworte.

Der Empfehlungs-algorithmus und die Suche sind mächtig
Der Rasenfunk ist seit 100 Folgen bei Youtube, simpler Auphonic-Upload. Inzwischen fast 1000 Abonnenten, durchschnittlich irgendwas über 1000 Views pro Video, durchschnittliche Wiedergabedauer 90 Minuten (sehr sehr viel). Das Interessanteste aber: Jeden Monat kommen 40% auf den Kanal, weil ihnen ein Video empfohlen wurde (im Umfeld von anderen Videos zum Thema Fußball) oder weil sie über die Suche auf den Rasenfunk gestoßen sind. Ich würde viel darum geben, bei anderen Plattformen so viele Nutzer via Plattformarchitektur zu meinem Podcast zu bekommen, stellt euch nur mal vor, so wäre es bei itunes auch.

4 „Gefällt mir“

Ein Großteil der Podcast der Podcastwelle bis 2009 sind nicht mehr abrufbar, insbesondere die selbst gehosteten. Damals kostenlos auf podhost.de gelagerte Projekte stehen da schon eher noch im Netz. So wird es auch mit den aktuellen Podcasts laufen. Was auf Youtube steht, wird noch in 10 Jahren verfügbar sein, der Rest ist dann weitestgehend verschwunden. Das spricht aus meiner Sicht über den unmittelbaren Eigennutz hinaus für Youtube.

Youtube ist sicherlich nicht die schlechteste Wette, aber es ist durchaus nicht gewiss, dass sie dauerhaft dem Zuwachs an Videomaterial gewachsen sind. (Mehrere hundert Stunden Upload pro Minute, nehme an Tendenz steigend.) Hängt auch von der Finanzierung ab. Sollte Alphabet mal gezwungen sein, den Verbund der Google-Datenzentren zu verkleinern, wäre ich nicht sicher, ob es jemanden gibt, der mal eben so 10% von Youtube wegspeichern könnte.

Also ich seh auch wenig Stress darin Youtube mit zu benutzen. Schade finde ich es, wenn Leute das als einzigen Verbreitungsweg nutzen (und dann auch noch den Marktführer), aber das ist vielleicht ein anderes Thema.

Ein Großteil der Podcast der Podcastwelle bis 2009 sind nicht mehr abrufbar, insbesondere die selbst gehosteten. Damals kostenlos auf podhost.de gelagerte Projekte stehen da schon eher noch im Netz. So wird es auch mit den aktuellen Podcasts laufen. Was auf Youtube steht, wird noch in 10 Jahren verfügbar sein, der Rest ist dann weitestgehend verschwunden.

Leider nein, leider hat YT das selbe Problem. Wenn ich heute auf Youtube-Links klicke, die ich 2009 oder 2007 in Internetforen gepostet habe, dann sind diese Links zu ca. 100% tot. Den Content mag es teilweise noch geben, durch re-Uploads oder so.

Die Webforen mit den Links auf privaten Servern hingegen existieren noch XD.

Das spricht aber dennoch nicht dagegen beides zu machen, dann hat man die doppelte Chance, dass die Inhalte erhalten bleiben. Egal ob Youtube einem die Freundschaft kündigt (wie mir einst) oder der Webhoster.

Links zu absichtlich gelöschten Angeboten funktionieren weder auf Youtube noch bei privat gehosteten Angeboten. Da besteht Seitens der Privaten kein Vorteil. Eher liegt hier wegen der Re-Uploads der Vorteil bei Youtube. Wenn sich aber jemand lediglich nicht mehr um sein Projekt kümmert, verschwindet es nur bei den privat gehosteten. Auf lange Sicht verschwinden die privat gehosteten Angebote schneller, historisch gesehen sogar zu nahezu 100%.

Ich kann mir aber eigentlich nicht vorstellen, dass das alles aktiv (vom Uploader?) gelöscht worden ist.
Ich rede von ganz gemischtem Content, weder alles peinlich noch kontrovers illegal. Ich rede von Werbeclips, Katzenvideos, Vortragsmitschnitten, Filmparodien und Musikvideos.

Wenn ich daheim bin will ich meine Behauptung aber gerne überprüfen.
Videos, die ich auf Ehrensenf oder sevenload geladen hatte sind btw auch alle weg.

Reicht doch wenn der Uploader seinen Google Account gelöscht hat und dabei auch alles anderen entfernen ließ…

//D

Gehackte Accounts, die inklusive des alten Videobestands wegen Spam oder sonstigen Regelverstößen geschlossen werden, gibt es sowas bei Youtube?

Ich hab das mal überprüft und ich habe maßlos übertrieben, es ist eher so „etwas mehr als die Hälfte“ (ich hab’ keine Statistik gemacht, sondern einfach 20-30 Links aus 2006 und 2008 angeklickt). Wodurch die jeweils verschwunden sind kann ich nicht sagen (manche waren DMCA-Takedown, aber bei den meisten weiß ich’s nicht).

Aber ich sagte ja schon es würde schon nicht schaden, wenn man beides macht. Wenn man die Versionen auf den Plattformen (sei es nun Youtube oder Soundcloud oder Vimeo oder MEGA-Upload) schön verlinkt kann man die Podcasts in besagten 10 Jahren vielleicht noch über archive.org wiederfinden, selbst wenn man das selbsthosten aufgibt :slight_smile:
Aber es würde halt schaden, wenn man sich allein auf YT verließe, denn ich weiß nicht ob das in 10 Jahren noch existiert. Also wahrscheinlich schon, aber das dachte ich von vielen Plattformen, dass sie für immer bleiben würden.

Im Endeffekt ist die Diskussion die selbe wie beim Upload eines Podcasts als “Audiogram” zu Facebook. Man erreicht ein paar andere Leute, man fängt sich ein paar komische Kommentare ein. Kurz: Ein paar neue HörerInnen, ein paar neue Probleme. So wie bei jeder Plattform, die man nutzt.

Was mich am meisten nervt: Das Feedback verteilt sich auf immer mehr Plattformen. Als Publisher ist das zwar nervig, aber händelbar, was dabei leider unter den Tisch fällt, sind Diskussionen der HörerInnen untereinander.

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