Ich glaube kaum, dass viele Leute solche Spielzeuge wie eine GoPro zur Aufnahme eines Interviews/Podcasts benutzen.
5k Video hin oder her, aber es war schon immer so, dass die Optik den Bildeindruck definiert und diese ist bei einer GoPro eher minderwertig, wenn nicht sogar billig. Das Ding verzeichnet mit seinem Weitwinkel wie die Hölle und scharf wird es mit der Linse auch nicht, da Fixfokus und die Güte der Optik ist zu schlecht.
Wenn man ein Gespräch per Video aufnimmt und man sieht, wie sich zwei Leute unterhalten und sonst ist nicht viel los, dann muss Videobild über jeden Zweifel erhaben sein.
Das heißt im Detail:
- Knackscharfes Bild, mit Fokus aus den jeweiligen Sprecher
- keine optische Verzeichnungen, die Türrahmen, Regale oder Wände in Flitzebögen verwandelt
- keine chromatische Aberration
- Helle Optik (F 1.8 oder heller, je nach Sensorgröße), um Tiefenschärfe als Gestaltungsmittel nutzen zu können
- 60 fps sollten es sein, 30p machen keinen Spaß, es sei denn man produziert für’s Fernsehen und man kann auf 25i gehen
Bis auf den letzten Punkt erfüllt eine GoPro diese Anforderungen nicht.
Dann braucht man mind. 2 Perspektiven bei zwei Sprechern, besser 3 (Sprecher 1, Sprecher 2, Totale mit beiden Sprechern), also mind. 3 Kameras.
Und nun das wichtigste: Licht, Licht und nochmals Licht! Sprich: Mehrere Lichtquellen, für jeden Sprecher mind. eine und dann noch weitere Lichter, um Streiflichter oder Akzente zu setzen nebst der dazugehörigen Stative, Akkus, Softboxen etc.
Ich würde eine (also 2) gute (vielleicht auch gebrauchte) Systemkameras mit Wechselobjektiven einsetzen. Nikon Z5/Z6/Z7/Z8 oder mit F-Bajonett D750/D850 und dazu passende Objektive von sehr hochwertigem Weitwinkel bis hin zu leichtem Tele mit einer Mindestöffnung 1.8. Sigma Art 24mm/F1.4, Tamron SP 35mm/F1.4, Sigma Art 50mm/F1.4 oder Nikkor 85mm/F1.4 zum Beispiel. Zoom-Objektive sind zwar flexibler, aber richtig gute Zoom-Objektive kosten auch richtig Geld. Nicht jeder ist bereit für ein Standardzoom ungefähr 1300 bis 1500 Euro auszugeben, dafür stimmt aber auch die Qualität in Punkto Schärfe, Bokeh und Farbdifferenzierung.
Dazu LED-Leuchten mit Bowens-Anschluss, damit man verschiedene Lichtformer einsetzen kann. Farbfilter und in der Farbtemperatur einstellbare Leuchten sind ein Muss. Passende Akkus, Stative, Sandsäcke etc. Kann man in guter Qualität zum Beispiel von Jinbei kaufen.
Für die Totale kann man dann eine etwas günstigere Kamera nehmen, da diese in der Regel nicht so oft eingeblendet wird. Panasonic GH4, GH5 könnte man hier nennen.
Wenn das Budget knapp ist, dann eine vernünftige Kamera und vielleicht erst einmal ein günstiges Zoom-Objektiv dran und den Schwerpunkt auf videotaugliches Zubehör legen. Niemand schaut sich zwei Menschen in der Diskussion an, wenn jeder den halben Kopf durch ein Headset verdeckt hat. Also ordentliche Mikrofonarme (Rode PSA1+) und vernünftige Mikros + versteckte Kabelführung. Es muss auch keinSl SM7b sein. Es gibt auch andere Mikros, die sehr gut klingen und auch optisch etwas her machen. Schwarz ist dabei am unauffälligsten.
Achte bei den Kameras darauf, dass diese ggf. einen Timecode entgegen nehmen können, sonst wird die Synchronisation im Schnitt zur Qual. Alternativ geht auch Live-Bild der Kameras und ein dedizierter externer Recorder, der die Streams synchronisiert aufnimmt. Im Schnitt blendest Du dann nur noch zwischen den synchronisierten Streams hin und her und schneidest auch den Podcast quasi zusammen mit dem Bild. Schnittmöglichkeiten werden aber seltener, da man im Gegensatz zu Audio, nicht einfach irgendwo mitten im Satz schneiden kann.
Als zweiten Punkt legst Du Dir mind. 2 Leuchtenstative, die Leuchten und Lichtformer zu, dass Du das Licht unter Kontrolle hast.
Der Hintergrund ist der: Schau Dir Videos von erfahrenen Influencern auf Youtube an. Es gibt einige, die haben richtig Ahnung von dem, was sie tun. Andere wiederum haben weniger Ahnung, was man auch sieht. - Das Problem ist, dass die Leute Deinen Podcast nicht anschauen, wenn das Bild verzeichnet, das Licht bescheiden oder das Bild nicht scharf ist. Ebenso kann man mit hellen Optiken auch unschöne Hintergründe (abgeranzte Möbel) im Bokeh (Tiefenunschärfe) „verstecken“ (Thema Blickführung). Eine GoPro macht ein leidlich scharfes Bild von 10 cm vor der Linse bis Timbuktu…und kein Schwein interessiert sich für das staubige Bücherregal oder die Spinnweben in der Raumecke.
Du siehst, das zieht einen ganz gewaltigen Rattenschwanz nach sich und ist auch technisch eine ziemliche Materialschlacht, die Ergebnisse stimmen dann allerdings. Du musst Dich aber mit Bildgestaltung, Lichtführung und auch mit der Technik auseinandersetzen.
Das Publikum ist heutzutage so verwöhnt, dass niemand ein GoPro-Video sehen will. Die Actionkameras haben natürlich ihre Daseinsberechtigung, aber das eher im Action-Bereich. Also solange Du keinen Podcast beim Bergsteigen oder beim Wildwasserrafting aufzeichnest, würde ich auf die GoPro verzichten.
Vergiss die Schnittsoftware nicht! Adobe Premiere ist der de-facto Standard. Für das Creative Cloud Abo musst Du nochmals 60 Euro im Monat hinlegen.
Videoschnitt mit OpenSource-Software geht zwar, aber ist wenig produktiv und oft zu unflexibel. Been there, done that!
Fazit: Gebrauchte Systemkamera mit für den Anfang 1 bis 2 guten gebrauchten Optiken und dazu 2 unabhängig voneinander steuerbare Lichtquellen auf Stativen, Kamerastativ sowieso… Das sehe ich als absolute Mindestvoraussetzungen an.
Viele Grüße!
Sven
Edit: Du scheinst ja TV- und Videoproduktionen beruflich zu machen, zumindest suggeriert Dein Profilbild das. Ich frage mich, was dann Deine Frage bzgl. der Kameratechnik soll? Vermutlich kennst Du Dich da besser aus als die meisten anderen User hier. Ein bissel verarscht fühle ich mich schon, nachdem ich so einen langen Beitrag geschrieben habe.