Hm, zum Thema Grundrauschen. Wenn du da so etwas hast, hast du einen Fehler bei der Hardware, im Bezug der eigenen Benutzung dieser. Das Problem lässt sich vor allem bei Live oder Handaufnahmen manchmal nicht ganz vermeiden. Das ist aber etwas anderes als “ich habe da einen Workflow - Mach das (!) Und dann geht das! - versprochen”. Ne das ist eher Sinnfrei.
Ich muss jetzt mal eine Herzensangelegenheit loswerden und dazu kommt ein bisschen Text - das tut mir leid.
Zu dem Thema hat @rstockm schon ein Video gemacht und ich werde hin und wieder in Podcasts eingeladen (aus zeitlichen Gründen sind manche Einladungen noch immer nicht getätigt und seit 4 Jahren so dahin geplant). Aber wann immer ich eingeladen werde, kommt zu 100% die Frage: “Du machst ja Audio und Mastering und hilfst immer bei den ersten Schritten… Jetzt aber mal wirklich, warum brauchen wir denn angeblich Qualität? Das geht doch so! Also bei mir…”
Darauf habe ich dann immer die gleiche Antwort: (sollte ich mal einsprechen und immer wieder abspielen wenn wer, wieder fragt)
Das liebste Stück eines deutschen, ist sein Auto(!). Du lädst mich hier ein, damit du mir dein neues Gefährt zeigen kannst. Das hast Du neu, oh und teuer war es. Du zeigst mir mit großer Begeisterung welche Ausstattung es hat und der tolle Lack erst, so tolle Features die es mitbringt und das beste ist auch noch…
Und als du inne hältst und ich mir die Zeit nehmen möchte, es mir genauer anzuschauen, holst du deinen Schlüssel heraus und KREEEEEKKKK - einmal quer, so volle Möhre, über die Motorhaube drüber. Mit Entsetzen frage ich dich dann, warum du einen tiefen Kratzen in die Haube machst und du wird just antworten: “Das ist OK, Jetzt ist es besser!”.
Im Gespräch erzählst Du mir, das Du die Geschichte eben nicht verstanden hast, aber auch, das du Auphonic ausprobiert hast und es deiner Meinung nach, nicht passt. Aber das du ja ins Internet geschaut hättest und herausgefunden hast, das da abertausende eine einfach Lösung dafür haben (können so viele Menschen falsch liegen - sicher nicht!) erzählst Du mir stolz. Dann wirst Du mir aufzeigen, das Du seit her es richtig machst und Audacity einsetzt und jetzt alles gut klingt. Und die Rauschentfernung ist sowieso besser als jedes Auphonic, weil die machen das mal richtig…
Wenn ich dich dann frage, ob du mich für doof verkaufen möchtest (?) überspielst du und fängst an, dich rechtfertigen zu wollen - aber das ist mir eigentlich egal. Denn ich erkläre dir, ich habe Verständnis für die dumme Logik deines Kopfes, aber auch das DIR die Qualität, gerade selber wichtiger ist als mir. Du mich aber fragst warum das gut sein. Sonst hättest Du nicht schon selber festgestellt, dass das was bei dir herausfällt, nicht deiner eigenen Vorstellung genügt oder nach dem klingt was du selber sucht. Du hättest dich also nicht aufgemacht und hättest nach einer Lösung für dein Problem gesucht und würdest ergo nicht schon ein Tool nutzen, das dir verspricht, das alles am Ende besser wird!
Zu dem Beispiel mit dem Auto:
Heute können wir uns vergleichbar (zu früher), tolle Technik kaufen die fast spot billig ist. Wir gehen aber mit der Hardware um, als ob wir alles genau wüsten und wenn es nicht klappt ist die Hardware daran Schuld. Wenn wir dann ein Problem gefunden haben, wissen wir - es kann nur eine Lösung geben. Denn da gibt es so ein magisches Tool. Das man die Hardware einfach richtig einstellen muss und man das erst einmal lernen sollte - daran wird nicht gedacht.
Die persönliche Einstellung ist das Problem, wird aber nicht gesehen. Lieber macht man seine Aufnahme absichtlich kaput, damit es besser passt (Häh???). Das ist ganz einfach: denn wir wollen lieber ein Tool, das den Kratzer auf der Motorhaube rechtfertig, damit wir das dann, damit wieder heile spachteln können. Das nennen wir dann Qualität, denn wir haben ja was dafür gemach und das kann nicht falsch sein - richtig? Logisch!
Ich nehme es den Leute auch nicht übel, so zu denken. Immerhin haben wir seit Anbeginn unserer Geburt erzählt bekommen, wir müssten unterrichtet werden um es >richtig< zu wissen. Und das die, die es gelernt haben ja genug wüsten wie es geht. Danach haben wir geglaubt und das wissen in die Software gestopft, denn das verspricht uns, das es nun jeder und ganz einfach nutzen kann. Denn es waren ja wissende, die unterrichtet wurden, die dann das Tool für alle gebaut haben.
Wir glauben also nix mehr selber wissen zu müssen, den das steckt ja jetzt alles im Tool und das macht dann die Magie für uns. Löst alle Probleme - wie man es anwendet ist dabei garnicht so wichtig. Aber wenn das dann mit so vielen Knöpfen daher kommt ist das auch viel zu schwer. Die logische Schlussfolgerung ist klar: das Tool ist schuld und wir suchen jetzt nicht nach Wissen um es richtig zu nutzen, sonder nach dem einen Tool, den richtigen Workflow der das alles besser macht.
Aber all das ist eben einfach Käse und absolter Quatsch!
Dabei nehme ich gerne das folgende Beispiel, in meine Vorträgen (zum kognitiven Kompensation): “Stellen sie sich jetzt bitte ein kleinen Wonneproppen vor. Sie lacht wenn man sie anschaut und spiel beseelt mit den Fingerchen. Sie sitzt und beobachtet sie selbst, wie Sie sie bewegen kann - huiiieee und da ist ihr Lachen auch wieder”.
Dann frage ich meisten noch mal nach: “Können sie es sich vorstellen?”. Und wenn ich dann das lächeln in den Augen der Hörerinnen und Hörer, der Eltern sehe, sage ich Ihnen “Stellen sie sich nun weiter vor, ich gebe den kleinen Kind nun einen Hammer in die Hand! - Quatsch, am besten eine Säge!”. Dann geht ein Raunen durch den Saal und die Leute schauen mich ganz entsetzt an.
Danach versuche ich aufzuklären: “die Klinne springt sofort mit dem Hammer auf, um die Nägel in die Wände zu hauen - damit schöne Bildchen hingehangen werden und sägt das Holz, damit es kuschelig warm wird”. Wenn alle anfangen wieder zu lächeln, frage ich dann noch mal nach… “Das haben sie doch jetzt auch sofort gedacht oder?”.
Schluss jetzt mit dem Palaver…
Worum es mir geht ist nicht Workflows zu erklären, es ist schön wenn andere die man noch nicht kennt, kurz erläutert und aufgezeigt werden. Das finde ich immer gut. Mich würde es aber endlos erfreuen, wenn wir Menschen das denken erleichtern und ihnen die Blockade nicht damit lösen, das wir Ihnen Tool ans Knie nageln (von denen sie womöglich eh keine Ahnung haben) und am Ende die Aufnahme nur kaput macht, oder Ihnen eine kurze Befriedigung von “jetzt klingt es besser” zu verschaffen.
Wenn die Leute nicht dazu ermuntert werden, über das eigentliche Problem nachzudenken, bringt es wenig:
- wie Pegel ich eigentlich richtig ein(?) wann ist richtig, richtig?
- was gibt es für Effekt (woran erkenne ich sie), was sind Effekte eigentlich (Psychoakustik, Raumakustik, Veloderm, aspektraler Schimmer, richtiges mischen, Drianguliverhalten, Stöhrempathie & Empfinden, stehende Wellen…)
- wie höre ich mich selber richtig ab, was ist Abhören eigentlich wie kann ich das selber machen ohne den Stilismus der eigenen Wahrnehmung zu zerstören (lauter ist besser?, was ich nicht höre hört auch kein anderer)
- wo macht es Sinn zu Podcasten / wo nicht (neutrale Streuung)
- welche Störgeräusche gibt es eigentlich, wie heißen die und wie kann ich die finden
- was ist eigentlich Rauschen (übrigens hat das Einstein gut erklährt - wo sind noch gleich die Physiker hingekommen mir der methodischen Unkorrektheit?)
- gibt es vielleicht Rauschen was ich sogar brauche? (Ja richtig, ich brauche rauschen sonst versteht man Sprache nämlich nicht - Rauschen ist sogar die Grundlage um Stimmen zu unterscheiden und verstehen zu können)
- wie kann ich Dispersion und Triangulation vermeiden oder sogar fördern
- wie kann ich Streuungen vermeiden, was ist das, wo kommt das vor, welche sind wichtig…
Das wäre ein Traum, wenn man das mal gut erklären und auch zeigen kann. Denn wenn ich Ralf sein Workflow für mich spiele, ist das nun mal falsch. Denn das ist für meine Stimme absoluter Quatsch und wird jeder gelernter Tontechniker verstehen. Eben weil meine Stimme nicht wie Ralf seine ist und sich daher auch nicht so aufzeichnen lässt. Damit ist aber Ralf nicht falsch und auch der Workflow nicht.
Da würde ich gerne hin. Animieren zum Mitdenken, Jeder soll alles fragen können, viele Fragen, so viele wie es eben nötig ist, Ermutigen es selber zu machen und nicht die leichte Lösung suchen. So lernt man viel wie es am Ende einfacher geht - anders herum, ist alles immer nur ein Versprechen das am Ende vermutlich nicht Stand hält.
Sorry für so viel Text, aber das läge mir am Herzen. Ich kann nur keine guten Videos und das weis ich, denn das kann ich nicht und die werden dann immer so lang wie der Text hier - das will doch keiner!
Grüße M.C.