Ripple Cut mit Crossfade

Liebes Ultraschall-Team,

wenn ich mit eurem wunderschönen Tool ein Sprachspur bearbeit und Versprecher rausschneide, dann am liebsten mit dem Ripple Cut. Der entfernt den Versprecher und fügt fade-out und fade-in ein an der Stelle, an der vorher der Versprecher war.

Im nächsten Schritt nehme ich dann das rechte Item und „nudge“ es per Shortcut noch einmal 150ms nach links um einen Crossfade statt des fade-out/fade-in zu haben. Das klingt meist natürlicher mit leisem Hintergrundgeräusch oder Atmern.

Ich habe ein bisschen gestöbert, aber keine Option gefunden, wie man das bei Reaper „einfach“ automatisieren kann - könnt ihr das über Ultraschall in einen Shortcut packen? Also Ripple Cut + Items x ms übereinanerschieben?
Oder gibt es so eine Funktion schon?

Vielen Dank für Ultraschall und das Sendegate!
richard

Technisch wär das möglich aber praktisch wäre das nicht machbar.
Das liegt daran, dass Crossfades immer individuell sind, sprich, manche Schnitte brauchen mehr, andere weniger. Da gibts kein Rezept, was die richtige Crossfadelänge wäre.
Selbst wenn Du es einstellen könntest, würde es nie passen und Du müsstest ohnehin nochmal nachschrauben(und jedes Crossfade noch überprüfen) was am Ende genau das Gleiche ist, wie jetzt.

Hinzukommend gibts halt zwei Kategorien von Crossfades, die man berücksichtigen muss:

  1. Will man nur den Anfang/das Ende von nem Schnitt rüber in den anderen ziehen(die Items werden nicht verschoben, nur der Anfang oder das Ende)?
    Dann kann es sein, dass Teile, die man eigentlich rausgeschnitten hat wieder im Crossfade zu hören sind. Das kann bei Schnitten sehr unpraktisch sein und mehr Probleme verursachen. Angefangene Sätze oder Silben z.B.
    Kann aber Atmer natürlicher klingen lassen.

  2. Wenn man(was in der Regel der bessere Ansatz ist) die beiden auseinandergeschnittenen Teile übereinanderzieht(Items also verschieben im Ripple-Mode z.B.)?
    Das kann Schnitte besser übergehend machen(speziell bei ineinanderübergehenden Silben).
    Das kann aber auch zuviel oder zuwenig sein, so dass der Schnitt plötzlich unnatürlich klingt(die nächste Silbe des Satzes kommt schneller, als der restliche Redefluss war) und dadurch erst recht auffällt, dass an der Stelle geschnitten wurde.
    Sowas willst Du aber am Besten vermeiden, es sei denn, Du willst bewusst darauf hinweisen, dass an der Stelle geschnitten wurde.

Allein diese beiden Fälle sinnvoll voneinander zu unterscheiden um den richtigen Crossfade auszuwählen(Item verschieben oder nur ItemEnde ziehen) ist schier unmöglich(denn für beide Ansätze gibt es Anwendungsfälle und für beide Ansätze gibt es Fälle, wo eher Probleme entstehen).
Zumal der Automatismus auch noch die Bedeutung eines Satzes verändern kann. Manchmal können wenige ms den Unterschied ausmachen zwischen „Ich versteh das als Gag“ und „Die Person meint das vollkommen ernst“. Der Teufel liegt da im Detail

Vielleicht funktioniert der Wert von 150ms bei Dir ganz gut(glaube aber, dass Du häufig auch da nochmal nachjustieren musst), aber für die meisten da draußen ist das in der Regel nicht der richtige Wert, einfach weil es so viele unterschiedliche Sprachstile gibt, die mit einem solchen Ansatz nicht berücksichtigt würden oder werden könnten.
Der richtige Wert könnte daher sogar innerhalb eines Satzes schon 4-5 Mal sich ändern und hängt einfach mit dem Sprechstil des Sprechenden zusammen. Was noch schlimmer wird, wenn 4-5 Leute gleichzeitig podcasten und alle ihre eigenen Sprachstile haben.

Ich versteh Deinen Gedanken aber ich denke es würde am Ende nicht das Problem lösen, allenfalls einem das Gefühl geben „hier wird mir geholfen“ während in der Praxis das Tool nichts wirklich einfacher macht.
Nicht, wenn der Sprachfluss immer natürlich klingen soll.
Und was „natürlich“ heißt ist ein individuelles Gefühl. Und Gefühle kannste nicht mit sauberen Werten abbilden. Selbst wenn du mehrere anbieten würdest, es würde am Ende nie 100% treffen.

Und wenn Du ohnehin schrauben musst, trotz Tool, dann brauchste das Tool halt nicht.

Hallo Mespotine,

vielen Dank für die schnelle und voll ausführliche Antwort!

Du hast vollkommen recht, dass ich von einem Spezialfall ausgehe - das war mir gar nicht so bewusst. Ich habe Bilderbücher eingelesen und nach jedem Versprecher eine kurze Pause gelassen, da ich wusste, dass ich dies später schneiden werde. In diesem Fall ist der Crossfade leicht zu machen und hat auch eine Toleranz - da ich ja eine recht lange Pause gelassen habe.

In Gesprächssituationen wäre das natürlich ganz anders und ich gebe Dir recht das dann jede „Voreinstellung“ eher verwirrend als hilfreich ist.

Ich mache bei mir im Moment die Version 2. von deinen vorgestellten und justiere nach, wenn ich die Pause vom Rhythmus her ändern möchte oder einen Atmer geschickt überblenden will.

Nochmal vielen Dank für euer jahrelanges Engagement und eure Offenheit!

freundliche Grüße
richard

Ja, so mach ich das auch immer. Ich versuche in meinem Sprechstil schon den Schnitt zu berücksichtigen, inklusive die Betonung im Hinterkopf zu behalten, um nochmal ein paar Worte vorher neu einsetzen zu können und so an mehreren Stellen potenziell den Übergangsschnitt zwischen dem vorherigen Take und dem neu Ansetzen hinzubekommen.
Erfordert ne Menge Disziplin, ermöglicht aber dann auch den Ansatz von Dir mit den 150 ms.

Und spätestens, wenn ich frei spreche, ists Essig damit :wink: