Podcaststudie: Trend zur Sachlichkeit?

Diese noch unveröffentlichte Studie spricht von einer neuen Sachlichkeit in den Podcasts.

Meine spontane Themse wäre eher, dass der Grad an Sachlichkeit in der unabhängigen Podcastszene gleich geblieben und im Radio inklusive deren Podcasts abgenommen hat. Ich sehe also den Trend eher in die gegenteilige Richtung.

Dass die Studie dennoch mehr Sachlichkeit findet, wäre dadurch zu erklären, dass diese abnehmend in den öffentlich rechtlichen Podcasts immer noch höher ist als beim kleinen Mann, der kleinen Frau und den kleinen Diversen. Da die Radios mit ihren Angeboten nun die Landschaft überschwemmen, gibt es zahlenmäßig dann auch mehr sachliche Podcasts. Das wirkt dann wie ein Trend zu mehr Sachlichkeit, vielleicht kann man auch verhandeln, es wirklich einen Trend zu nennen, doch der dürfte dann nur sehr kurz sein und müsste, wenn ich Recht habe, mit der Zeit abnehmen.

Aber vielleicht irre ich mich auch und es gibt diese neue Sachlichkeit auch bei den Unabhängigen. Habt Ihr den Eindruck?

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Ich würde die Formulierung gar nicht überbewerten, solange die Studie nicht veröffentlicht ist.
Ich halte es für plausibel dass es da weniger eine Ableitung aus der Studie ist (wie wolle man die Sachlichkeit denn auch erheben?) als wohl eher der Versuch des Autoren ist es neutral klingen zu lassen, wenn er es positiv bewertet dass ein Medium sich Zeit für ein Thema lässt.

Schauen wir mal, wenn wir mehr zur Studie wissen.

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Ok, dann warte ich jetzt hier. Ich gehe nicht weg, bis das geklärt ist. :grin:

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Ich interpretiere die „neue Sachlichkeit“ bei schnellem Lesen des Zeitungsartikels so: in Talkshows wurde zunehmend unsachlich miteinander gestritten, in Podcasts wird im allgemeinen ernsthaft und aufrichtig miteinander diskutiert.

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Ja, wahrscheinlich werden dahinter TV/Radio mit deren Podcasts verglichen und gar keine Entwicklung der Podcastwelt an sich analysiert.

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Liegt einfach nur daran, dass Not Safe For Work Prinzessinnenschlaf hält :crazy_face:

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Die Studie wurde heute ausgeschickt, ist interessant. Link: https://www.otto-brenner-stiftung.de/index.php?id=972&rid=t_11328&mid=202&aC=63be3c08&jumpurl=0

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Die Datenbasis für die Studie scheint Spotify zu sein, wenn ich richtig gelesen habe. Ob die Autoren das gewählt haben, weil Spotify die differenziertesten Daten für ihre eigene Statistik in der Studie liefert? Alterskohorten, Geschlecht, ist ja alles da …

Kann man davon ausgehen, dass Spotify mittlerweile eine repräsentative „Stichprobe“ vom Podcastmarkt darstellt, da die „Großen“ und die klassischen Medien eh alle Veröffentlichungswege bespielen, um Reichweite zu generieren?

Nachtrag: Diese vermeintliche Stichprobe über Spotify ist da hingegen auch witzig gewählt, da die Autoren selbst immer wieder in ihrer Studie vor der Monopolisierung und drohenden Vormachtstellung Spotifys a la YouTube zu Ungunsten der Meinungsvielfalt durch „Syndikat-Algorithmen“ warnen.

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Ich hab die Studie jetzt gelesen. Hmm ja, da fehlen schon einige große und sehr wichtige Teile, sowohl was die Datenbasis/Spotify angeht, als auch von der zumindest deutschsprachigen Landschaft. Aber das habe ich bei Podcastberichten immer schon bemerkt, es ist leicht bei einer Landschaftsdarstellung ganze Teile, wichtige Teile einfach nicht zu bemerken. Nicht jeder Gipfel ist der höchste bzw. einzige Gipfel, wenn man im Nebel steht. Fyyd, Podlove und Auphonic, Sendegate, Subscribe und die Metaebene wären hier wohl wichtige anzusprechende Elemente gewesen. Auf der anderen Seite bemerke ich, dass gerade diese Elemente im gegenwärtigen Podcastgeschehen zunehmend in den historischen Hintergrund rücken. Die Leute machen halt einfach - mit Spotify zB.

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Der Podcast-Begriff ist von den Profesionellen gekapert. Die setzen den medialen Fokus und haben kein Interesse, ihrem Publikum eine zusätzliche Konkurrenzlandschaft aufzuzeigen. Ich befürchte auch eine zunehmende Unsichtbarkeit von Independentprojekten.

Spreche ich mit Neueinsteiger:innen, die das Medium gerade entdeckt haben, sind die von der Flut der Angeboten erschlagen und da sind die Indi-Projekte nicht einmal dabei. Die Leute entwickeln Strategien, um Angebote wegzufiltern, nicht um neue zu entdecken. Indi-Projekte, die aufs Entdecktwerden angewiesen sind, werden da vermutlich irgendwann komplett untergehen. Die kommerzielle Schlagzahl können wir ohne Arbeitsteilung ja nicht leisten. Solange es noch den Hörer*innenstamm aus der vor 2017er Zeit gibt, geht’s so, aber neue kommen da sicher nicht in großer Zahl hinzu.

Da die Forensuche nichts rausgeworfen hat, glaube ich dieser Thread muss noch angelegt werden. Die Otto Brenner Stiftung hat eine sehr ausführliche und beim ersten Überfliegen gut gemachte Studie zu Podcasts veröffentlicht.

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Vielleicht ist das Ausblenden der Indieszene auch nur Komplexitätsreduktion. Allein nur die mainstreamigen Podcasts zu berücksichtigen, füllt ja schon eine journalistische Woche. So aus Sicht der Journalist_innen: Was ginge dem Publikum verloren, wenn man die Indie-Szene berücksichtigt? Die Antwort wäre Vielfalt. Aber das stimmt ja nicht, da die Podcastangebote auch ohne die Indieszene vielfältig sind. Die Antwort wäre dann also: umfassende Vielfalt. Aber im Selbstverständnis des Journalismus ist dieser ein Gatekeeper für eine Vorauswahl. Nun kann man einwenden, die sollen dann aber eine Vorauswahl aus allem treffen.

Das scheint mir aber eine Forderung, die an den Realbedingungen des Journalistenlebens vorbeigeht. Generell lebt jede Berufswelt außer die der Wissenschaft von einer 80/20-Regel. Allein die Fülle der Mainstreamangebote auszusieben, befriedigt schonmal 80% des Publikumbedarfs. Sich da jetzt in die Indieszene zu graben, um etwas zu finden, das die bereits gefundenen Angebote topt, würde unmengen an Zeit fressen, weil noch einmal viel, viel mehr Schotter darunter ist, also nochmal mehr auszusieben. Während im Mainstreamangebot schon eine gewisse Voraussiebung stattfand.

Ich denke, der Zugang zu Indiepodcasts kann rein praktisch nicht mehr über den klassischen Journalismus laufen. Auch glaube ich, dass die Indieszene sich nicht mehr als solche in Szene zu setzen schaffen wird, a la, schaut, da gibt es noch eine große unbekannte Bubble.

Wo ich Potential sähe wäre, wenn einzelne Indieprojekte thematisches Zielpublikum suchen. Podcasts über bestimmte Soziallagen oder Krankheiten z.B. sich an Krankenkassen oder Verbände wenden, um über deren Kanäle gepusht zu werden. Oder wenn Indies, die den semiprofessionellen oder professionellen status erreicht haben, gelegentlich unbekannte Projekte platzieren. Aber eine Bewegung in die Richtung, schaut her, hier sind wir, die Independent-Podcast-Gemeinschaft, wird aus meiner Sicht nichts mehr reißen.

Ein Punkt, an dem es vielleicht auch unabhängigen Privatprojekten zunehmend einen schweren Stand beschert. Das Vertrauen in Zeug, was so aus dem Netz gesendet wird, ist halt urig gering. Andererseits sagt die Studie, sind Wissen- und Nachrichtenrezeptionen ein riesen Anteil am Podcastkonsum. Wenn das Vertrauen aber so gering ist in Privatzeugs, dann holen sich die Rezipient:innen ihre Podcasts natürlich lieber von dort, wo z.B. die öffentlich Rechtlichen dahinterstehen und somit eine größere Seriösität versprechen. Bei Indiekram weiß halt keiner, ist das jetzt Meinung, Nachricht, Werbung und ist die Quelle überhaupt kompetent? Eigentlich ist es aus meiner Sicht ja eine gute Entwicklung, dass dem Netz dermaßen misstraut wird, aber hat halt seine Auswirkungen auf uns Pordcastproduzenten.

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