Podcasten in/über China

Ich habe gerade das Podcasten in China auf dem Radar. Einstieg war ein Gespräch über Podcasten in China in „Podlovers Asia“ (wo es auch eine spannende Folge über Podcast in Indien gibt.
Gehört habe dann jetzt viele Folge von Mosaic of China, und das Gefällt mir gut: Menschen die in China arbeiten, meist von außerhalb kommen. Fragen nach dem Hauptgespräch, die immer gleich sind, Empfehlungen am Schluss, wer in der nächsten Season dran kommt. Warum mich das interessiert: das Transkribieren von Podcastepisoden im Deutschen wäre mit einer Übersetzung auch in andere Länder dann hörbar. Und Mosaic of China transkribiert auch, und da müsste es doch Verbindungen in die „Hörmärkte“ geben.
Ich hab mal in China auf einer Teefarm gearbeitet und dort viele Leute getroffen, die an europäischen Inhalte sehr interessiert sind. Und Omega Tau, WRINT, Forschergeist etc. wären halt wirklich mit einer chinesischen Anbindung sehr geil. Von mir aus auch meine Bienen.

Generell wäre es natürlich toll, wenn Podcasts „einfach“ so in anderen Sprachen gehört werden könnten. Es gab mal so einen Podcast, der das kuratiert mit einzelnen Folgen anderer Formate gemacht hat, so einer Art „Reader’s Digest mit Übersetzung“ (weiß jemensch noch, wie der heiß?). Die Frage wäre für mich: Wenn ich die Übersetzung des Gesprächs habe als Transkript – höre ich dann noch den Podcast, den ich nicht verstehe und wie lese ich dann unterwegs mit? Da bliebe nur das „Drübersprechen“ in der Übersetzung und die muss man auch erst mal einsprechen.
Finde es aber auch spannend, über den eigenen Sprach-Tellerrand zu schauen und zu überlegen, wie man das machen könnte.

Super, dass du schreibst, weil ich glaube, dass deine Inhalte auch interessant sind. 1 Milliarde Chinesen. 0,001% interessierts. Das sind … Downloads. (Lösung: 100.000) Vielleicht ist es nicht die Frage, wie soll man es hören können, sondern: es existieren in deinem Podcast „Staatsbürgerkunde“ exzellente Inhalte, die es echt nur dort gibt. Wie kriege ich diese Inhalte in die andere Sprache. Ob gesprochen oder gelesen ist dabei völlig egal. Zugänglich einfach. Die Expertise wird dann möglicherweise in den chinesischen Plattformen liegen, und was wie wo zugänglich, erlaubt, möglich ist. Ich habe nur während meiner Zeit in China so viele Leute getroffen, die so interessiert an Inhalten sind, das hat mich schwer beeindruckt.

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Wie würdest Du da ran gehen bzw. was für Schritte wären aus Deiner Sicht sinnvoll um (vielleicht auch mal unabhängig von China) den eigenen Podcast über die Landesgrenzen hinaus anzubieten?

Also ich glaube, das macht nur mit China richtig Spaß. Einfach wegen der Menge. Dann wegen der Zugänglichkeit und Plattformen - im Podcast (oben) wird das auch fein besprochen.

Und dann würde ich vom Transkript aufbauen. Ein redigiertes Transkript herstellen mit Manpower, dazu würde ich die Sendung langsam abspielen und während des Schreibens schon „schön“ schreiben. Einmal überarbeiten, das sollte passen. (Ich würde für 1 Stunde Sprache ca. 3 Stunden konzentriertes Schreiben ohne Twittern rechnen) Wichtig wäre, dass das wie von @timpritlove gezeigt schön im deutschsprachigen Raum parallel läuft und ins Ökosystem eingebunden ist. (Player + Transkript)

Von dort aus würde ich Geld in die Hand nehmen - eine:n chinesische: Stundent:in bezahlen, es ins Chinesische zu übersetzen. Und sprechen. Und das ganze mit dem Podlove Player und Text-folgt-Audio dann auf einer chinesisch zugänglichen Plattform ausspielen.

Vorteil: es ist alle Technik schon da, und vermutlich würde es nicht allzu extrem teuer sein, eine Folge zu übersetzen. Das Ergebnis ist inhatlich optimal.

Alternativ wäre es denkbar, mit Google Translate zu arbeiten ab der deutschsprachigen Schönversion. Das würde ich aber nicht tun, weil die Qualität ohne Ahnung vom Chinesischen zu haben unbeurteilbar ist.

Und dann würde ich gerne die Statistiken sehen. Was ich jetzt über einige Folgen Mosaic of China gehört habe, es ist auch wirklich wie hier dann eine Frage des Social Medias, das Ding bekannt zu machen - ich vermute aber, dass der Hebel größer ist, gefunden zu werden. Das müsste man dann mit Oscar diskutieren vom Mosaik of China Podcast, was er für Erfahrungen hat.

Mein Ansatz also: Der Inhalt muss nach China. Weil er einfach gut ist. Und weil dort Bedarf nach guten Inhalten besteht.

Ich mach schon seit ein paar Jahren China-Podcasts. UAO ist mittlerweile in der dritten Staffel. Aus China fuer deutschsprachiges Publikum. Umlauts Are Overestimated ist meines Wissens der älteste noch laufende Chinapodcast überhaupt. Dazu gibt es noch den privaten Podcast „Umlauts Diary“, in dem ich über meinen Alltag berichte. Ich lebe seit 2005 in China.

Wir machen auch chinesische Podcasts und Derivate, die aber in dem hiesigen Oekosystem Ximalaya verwurstet werden.

Grundsätzlich bin ich immer seeeehr skeptisch, wenn ich Aussagen wie „Der Inhalt muss nach China. Weil er einfach gut ist.“ :sunglasses: :vulcan_salute: Denn man übergeht da mal locker Befindlichkeiten und kulturelle Hürden, die selten wirklich sichtbar sind. Das betrifft nicht nur China, sondern M.E. das ganze konfuzianische Asien. Ich habe mich dazu ganz aktuell in der letzten Folge „Kunst in China“ (https://podcast.umlauts.de/kunst-in-china/) nur zu dem winzigen Thema Kunst :sunglasses: unterhalten.

No Offense, aber ich habe (aus Erfahrung berechtigte) Zweifel, dass ein in DE von Deutschen produzierter Podcast, der mal eben von einem Studenten übersetzt wird hier auch nur wahrgenommen, geschweige denn goutiert würde.

Technisch gesehen ist es ohnehin zum Scheitern verurteilt, denn außerhalb von Ximalaya und Co. funzt es nicht bzw. kaum. Hinzu kommt, das Geoblocking von Spotify & Co. Wer auf diesen Verteiler hofft, kommt von China da nur sehr schwer rein. Zwar benutzen hier alle Interessierten VPNs, und das ist bezuegl. Google, Facebook und so weiter kein Problem, aber Netflix, Amazon, Spotify sperren chin. Konsumenten gezielt aus. (ja, kann man auch umgehen, aber mit einem Wahnsinnsaufwand). Ich machs nicht mehr und verzichte (gerne) auf die genannten.

Mein Rat: 1) vergiss alles (wirklich alles), was du übers Podcastendeploying und Hoergewohnheiten zu wissen meinst und lerne, wie das in CN (übrigens z.T. auch J und K) funktioniert. 2) Sammel Geld - viel Geld 3) Such dir Partner in CN und stelle dich auf endlose Meetings, Palaverei, Rückschläge … ein. Triff dich mit denen in CN. 4) Starte durch mit einem Nur-Fuer-China-Podcast. (Hybride, die mit je einem Bein in DE auf Deutsch und CN auf Chinesisch daherkommen, werden scheitern - versprochen.

Ah. Danke für deine ausführliche Antwort. Sendegate ist großartig. Weder habe ich dich gekannt, noch deinen Podcast - ist schon im Catcher.

Ja, alles gut, alles richtig. Alles fein. Damit wären wir fertig. Finger weg also.

Jetzt habe ich ja einen anderen Ansatz: Ich mache Podcasts nicht, um sie zu veröffentlichen, sondern um die Inhalte zugänglich zu machen. Dieser Ansatz funktioniert hier. Und ich bin mir sicher, er funktioniert da. Es finden sich die Hörer:innen, die unter den gegebenen Umständen dazu passen. Zielgruppe, Format, Länge? Mir doch egal. Wenn ich Inhalte habe, und sie zugänglich mache, kann nichts passieren. Durch kontinuierliches und regelmäßiges Veröffentlichen/Zugänglichmachen werden sich die regelmäßigen Downloads erhöhen, wenn dann noch Bedarf und ein bisschen Social Media dazukommt, auch. Zugänglichkeit in den Suchmaschinen kommt dazu. Und dann sind wir bei deiner Expertise, die natürlich im gegebenen Fall wirklich wertvoll ist. Die Infrastruktur ist in China anders.

Natürlich, die Menschen sind auch anders - aber das kann ich immer mit dem Ansatz „es finden sich jene, die dazupassen“ erledigen. Beinhaltet natürlich auch, ob ich als Podcaster dazupasse :wink: Ein Format für China muss natürlich all das berücksichtigen, was du tust (ich freu mich auf deinen Podcast). Oder Oscar im Mosaic of China podcast.

Die 0,01% von 1 Millarde ist natürlich nur mit dem Augenzwinker-Tag zu lesen. Wir können das auf Spanisch auch machen.

Wir haben nur eine Möglichkeit des Austauschs in andere Sprachen - zum Zwecke der Zugänglichmachung, und das ist das Transkript. Ich werde einen Teufel tun, mich mit den spanischen Hörgewohnheiten auseinanderzusetzen, es würde mich aber freuen, meinen Bienenpodcast an den spanischsprechigen Raum anzubinden. Chinesischsprechenden Raum. Das ist doch wie bei der Eisenbahn. Das kann doch nicht sein, dass du nicht auf die russische Breitspur kommst - ach ja, in Weißrussland gibt es an der Grenze eine Halle, da fahren die Züge rein, werden angehoben, dann fahren die mitteleuropäischen Räder drunter draus, und die breiten rein.

Weil: die Inhalte unserer Podcasts sind halt schon gut. Sie in den Sprachinseln zu halten (Inselkarten) wäre doch zu schade.

Etwas off-topic, aber weil es so charmant ist: Ultraschall ist wohl in der Tat in China ein Thema für Podcaster:innen. Das hier ist so etwas wie die c’t dort drüben, die besprechen US4 sehr wohlwollend:

Und in der Tat - auch die 5.0.3 ist dort schon angekommen:

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@sventetzlaff Würdest Du sagen, dass das Interesse an „westlichem“ Content generell sehr gering ist oder eher die Art entscheidend ist, wie er dargereicht wird?

Was @lobodingbauer hier überspitzt formuliert wäre auch mein Ansatz.

Oder andersrum überlegt: Wenn ich die Möglichkeit hätte, chinesischen Content hier zu konsumieren – wie würde ich das am liebsten tun? „Ungefiltert“ mit einem Transkript als Übersetzung? Nachgesprochen? Als Remake mit deutschen Sprecher*innen?

Als Gedankenexperiment finde ich das gerade sehr anregend, was hier diskutiert wird!

Geringes Interesse? - Nein, das würde ich nicht sagen. Hier werden, genau wie in DE, auch Inhalte aus anderen Ländern konsumiert. Aber selbstverständlich spielt die Darreichungsform eine Rolle. Schlechtes Deutsch wäre schon mal sehr blöd in DE (und umgekehrt). Wenn man dann noch das Gefühl hat, dass der Inhalt eigentlich für z.B. amerikanisches Publikum produziert ist und der deutsche Hörer eigentlich keine Rolle spielt und man sich auch sonst keine Mühe gibt, auf das Publikum einzugehen, dann ist das ganz schlecht.

Stell Dir einen deutschen Campingpodcast aus Deutschland vor, in dem ständig davon geredet wird, wie viel Fleisch im Smoker liegt, wie viel Fahrenheit wir heute haben, was die Gallone Benzin kostet, kein Convini in der Nähe ist, das Mädchen, welches Du getroffen hast 5.5" groß und zum 4.Juli mit euch feiert. … Es konnte sein, dass Du Dich etwas veräppelt fühlst. Es ist völlig OK, wenn ein Amerikaner das auf Englisch für seine Landsleute (oder anglophile) präsentiert. Den gleichen Inhalt, nur eben übersetzt, dann über den Deutschen abzuwerfen, geht nicht - mein ich.

Lange Rede kurzer Sinn, 1) man muss sich um seine Zielgruppe kümmern und sie muss einem wichtig sein. Mission kann keiner leiden. Deutsche nicht - Chinesen nicht(*) 2) Inhalte sind auch wichtig. Es gibt viele Themen, die in DE vielleicht relevant sind, aber mit denen man in CN niemand hinter dem Ofen hervorlockt. Ob ein Thema „gut“ ist, liegt nicht in meinem/deinem Ermessen, sondern zu 100% in dem der Zielgruppe.

(*) Das kennst Du ja sicher aus Deinen Erfahrungen mit den beiden „Kulturen“, die sich gerade mal 40 Jahre (fast) unabhängig voneinander entwickelt haben …

Von CN nach DE? Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Es gibt etliche DE/CN Podcasts, gesendet aus DE, zum Teil von Chinesen für Deutsche (Yang&Yang, Suess-Sauer, Deutsche Xu…). Ich höre die alle und find die auch gut.

Aber schon als Deutscher in China merke ich, dass manches für das deutsche Ohr zurechtgestutzt ist (ich mach das übrigens auch). Nicht so sehr, weil man den Deutschen nichts zutrauen würde, sondern eher, weil eine geringere Filterung einen Rieeeesenrattenschwanz an Fragen nach sich ziehen würde, die man erst mal alle klären müsste. Und bei der Klärung löst man dann erst recht eine Lawine aus. Also passt man sich an deutsche Denkgewohnheiten an. Vielleicht vergleichbar mit dem „Chinesischen“ Essen in DE, das es so in China gar nicht gibt.

Ich kann mir natürlich auch einen Podcast (z.B. von einem Chinesen aus China) vorstellen, der auf all die kulturellen Filter verzichtet und aus „chinesischer Sicht“ podcastet. Das würde im Land der 80Mio Schiedsrichter, Virologen, Kanzler … ganz sicher für sehr viel Freude sorgen. Selbst ohne politische Themen. Natürlich gibt es immer ein paar Leute, die das wirklich interessiert, aber rein ökonomisch betrachtet wäre das Wahnsinn. Wer macht denn einen Podcast für drei Leute? Und lässt dann die überquellende Empathie des Internets auf sich einprasseln, wenn es um irgendwas „Chinesisches“ geht. Ich kann ein Lied davon singen …

Um auf das Essen-Analogon zurückzukommen, es würde ein paar wenige Leute geben, die (echte) chinesische Cuisine goutieren würden, aber die allermeisten hätten einen Hook zum Meckern gefunden und würden ungehemmt ihre eigene „Essens-Überlegenheit“ zelebrieren.

Fazit: Chinesischen Inhalt einfach so, ungefiltert, unerklärt, uninterpretiert, unmoderiert über Deutsche abzuwerfen, wäre sicher ein interessantes Experiment, aber wird m.E. nicht funktionieren. Und umgekehrt gilt das Gleiche. Man kommt also nicht drumherum, sich mit der Ausgangskultur und der Zielkultur intensiv auseinanderzusetzen. Ein Automatismus kann das meines Erachtens bislang nicht bringen.

Sehr schön! Aber wundert mich nicht. Hinzu kommt, dass hier mehr als 17,000 Deutsche gibt, die schon länger als 10 Jahre hier leben. Und dann noch mal die gleiche fluktuierende Anzahl, die wegen der Arbeit hergekommen sind und so 1-5 Jahres-Kontrakte haben. Das ist verglichen mit US wenig, aber immer noch genug, dass es sich auch in den Statistiken widerspiegelt. Ich merk das auch mit meinen Podcasts, die, obwohl ich sie eigentlich für Deutsche in DE auf Deutsch mache, sehr stark in CN angenommen werden.