Nach Podimo (fail) ist vor Spotify (gate)

Hallo liebe Sendegate-ler*innen,

nun endlich mein “Erlebnisbericht” vom 36C3 im Sendezentrum.

Ich (I) wurde im Sendezentrum am hinteren Tisch (dem mit dem Ultraschall-Banner und “meinem” Sitzplatz) von drei Leuten angesprochen.
Ok, angesprochen eher von zweien. Die dritte Person hat fast nichts gesagt. Das Ganze auf englisch.

Im Wesentlichen fand das Gespräch zwischen einem Mann (M), einer Frau (F), beide geschätzt so Mitte 20, und mir statt. Der ungefähre Verlauf (alles auf englisch, alles mit Vorsicht zu genießen, soooo gut kann ich mich an Details mittlerweile nicht mehr erinnern) war vielleicht so:

F: Bist du der Ultraschall-Typ?
I: Nee, das ist Ralf. Ralf Stockmann, der da (I zeigt auf Ralf, der am Nachbartisch sitzt)
F: Was ist das hier?
I erkläre das Sendezentrum mit den Community-Projekten.
M zückt sein Handy und zeigt mir die App “anchor.fm”.
M: Ich möchte podcasten. Kann ich das hier nutzen? Was hältst du davon?
I: Ja, kann man machen. Würd ich nicht.
M: Aber da kann man ja aufnehmen und hat sofort alle Plattformen mit angeboten zum direkten “rausspielen”.
I: Ja, kann sein. Ich würd’s nicht machen.
M: Wieso nicht?
I: Ist nicht Open Source, kommt nicht aus der Community, die Gefahr eines Vendor-Lock-Ins… (hier gerate ich etwas ins Schwärmen…:wink: ) In der Community hier ist es flauschig. Wenn du ne Frage hast, bekommst du hier (meist schnell) ne Antwort.

Das Gespräch geht weiter. F und M versuchen meine Begeisterung für Podlove, Ultraschall & Co sowie die Ablehnung von anchor nachzuvollziehen.

Dann nimmt das (harmlose) Gespräch eine unerwartete Wendung.
Der dritte Typ (ebenfalls m, Mitte 20) zeigt auf die (mir abgewandten) Schultern von M und F. Die drehen sich um. Auf den Shirts an den Schultern steht das Spotify-Logo mit “spotify” drunter.

Ich bin darauf recht verdutzt und verwundert, fühle mich ausgefragt und plötzlich in eine unangenehme Situation versetzt. Ich mache gute Miene zu bösem Spiel und das Gespräch geht weiter.

Das Gespräch plätschert etwas dahin. Die Situation “entspannt” sich wieder etwas. Später sage ich, dass ich (kommerziellen) Plattformen eher zurückhaltend gegenüber stehe. Gegen Ende erwähne ich den podimo fail.
Beide kannten podimo nicht. M guckt sofort interessiert nach, wer was wie podimo ist. Ich berichte von dem nicht besonders gut in der Community aufgenommenen Launch von podimo in DE. Erzähle die rechtlichen Fallstricke und wie podimo und die Community reagiert haben.

F, M und Nr 3 bedanken sich für das interessante Gespräch. Ich frage nach Kontaktdaten. F und M geben mir ihre Firmen-E-Mail-Adresse bei spotify.

Einige Zeit später twittere ich:

Ich fühle mich wirklich “missbraucht”. Sie können ja gerne nachfragen und das Gespräch mit der Community suchen. Aber warum verstecken sie sich hinter dem Mäntelchen eines “normalen” Congress-Besucher? Und geben erst später ihre Identität und damit Beweggründe preis?

Ich empfinde das als recht unfair, schon mal überhaupt gar nicht “auf Augenhöhe” . Ich habe internes Wissen - im Glauben mit interessierten Neu-Podcastern zu sprechen - frank und frei weitergegeben.

Im Nachhinein denke ich, dass das ein Super-Beratungsgespräch für spotify war. Und das sollte m. M. n. auch eine entsprechende Gegenleistung zur Folge haben.
Wie wäre es, wenn spotify x $ an das Sendezentrum / die Community spendet? (wink, zaunpfahl…)

Disclaimer: Spotify hat vor einiger Zeit anchor.fm gekauft.

Ich fand das alles recht unangenehm. Direkt nach dem Gespräch war ich erstmal “fertig” / emotional aufgewühlt. Gott sei Dank, war @Genderbeitrag in der Nähe und hat mich “aufgefangen”. :smiling_face_with_three_hearts:

Wisst ihr, Becci und @tomww, noch, wann das genau war? Welcher Tag? Uhrzeit? ich meine nachmittags; euch beiden hab ich ja relativ kurz nach der Begebenheit davon erzählt.

Alles in allem: recht unschön (für mich), aber hey, wir haben Relevanz! \o/
Und die ganzen Venture-Capital-Millionen müssen gegen Engagement, Gemeinschaft und Ehrenamt “anstinken”. :wink: Das gefällt mir irgendwie.

Live long and prosper! Ludger

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Dieser letzte Satz gefällt mir so richtig, richtig gut. Und ich freue mich, dass das für Dich am Ende dieses unangenehmen Erlebnisses steht.

Ich kann gut nachspüren, dass Du Dich von dieser Art des Ausgefragt-werdens „missbraucht“ gefühlt hast. Beim vorletzten PODRuhr-Treffen hatte ich (in viel kleinerem Maßstab) eine ähnliche Situation. Und auch ich hatte das Gefühl, dass da jemand etwas aus mir rausholen wollte, ohne dass wir den gleichen offenen, gemeinsamen, gemeinwohlorientierten Spirit teilen würden (davon habe ich in SEG089 etwa ab Zeitmarke 1:11:11 :slight_smile: erzählt).

Und da widersprechen sich Kopf und Bauch in mir deutlich. Kopf sagt „All creatures welcome“, Bauch sagt „die Sache stinkt, spiel nicht mit denen“, was mir Unbehagen bereitet. Was ist der richtige Umgang damit?

Letztendlich werde ich wohl damit leben müssen, dass solche Situationen immer passieren können. Also, dass Menschen mit anderen (möglicherweise gewerblichen Absichten) Fragen an mich richten, die ich gutgläubig beantworte und ich mich nachträglich ärgere.

Andererseits: Wäre ich ein Mitarbeiter von Firma XY und wollte ernsthaft „Wissen“ zusammentragen, würde ich auch zu Menschen gehen, die sich auskennen. Und wenn das „Wissen“ bei Hobbyist’innen und Amateu’rinnen zu finden wäre, natürlich auch da. Da kann ich, kopfgesteurt, gar nichts Verwerfliches drin sehen. Schön und fair wäre ein offenes Visier. Aber ich kann mir die Menschen ja auch nicht backen :slight_smile: Diese „Creatures“ sind halt, wie sie sind.

Die Situation beim PODRuhr hat mir deutlich gemacht, dass ich sellber früher und klarer kommunizieren sollte, wie weit ich (in dem speziellen Moment) zu Geben bereit bin. Wenn der Bauch also „Vorsicht“ ruft, sollte ich auf ihn hören und mit freundlichen aber klaren Worten die Grenzen benennen, die ich gerade spüre. Naja, Gefühle zu erklären ist immer eine heikle Sache, aber so kann ich wenigstens meinerseits die Fairness wahren. Ich will das versuchen. Keine Ahnung, ob’s mir gelingt. :slight_smile:

Aber, um auf Deinen letzten Satz zurückzukommen: Egal, wer fragt. Egal, wieviel Du antwortest. Niemand kann uns den Spirit, der uns verbindet, abkaufen. Der ist unbezahlbar!

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Ich finde das ganze nicht nur persönlich unschön, sondern vor allem aus Sicht des Congresses als sehr problematisch. Der Congress ist eine ausdrücklich nicht-kommerzielle Veranstaltung, es gibt keine Firmenstände, kein Sponsoring und kein Recruiting durch Firmen auf dem Congress, und darauf wird Wert gelegt.

Ich würde an Deiner Stelle noch ein paar Details zusammensammeln und das dann zur Congress-Orga eskalieren. Ein Mitarbeiter:innenteam das mit Firmenlogos über den Congress marschiert und Gespräche zu ihren Produkten anfängt, stinkt nicht nur ein bisschen. Hoffentlich bewegt das Spotify zu einer Reaktion auf diese Aktion, wenn der CCC da offiziell mal ein bisschen meckert.

Insgesamt musst Du Dir aber nix vorwerfen, alles was Du gesagt hast, steht auch so im Sendegate, öffentlich verfügbar. Dass die Spotify-Menschen davon nix wissen, spricht eher gegen sie und ihr Verständnis vom aktuellen, deutschen Markt.

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Hat der CCC Interesse (bzw. überhaupt die Möglichkeit), derart kommerziellen Congress-Missbrauch zu sanktionieren? An wen eskaliert man so etwas am besten?

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Wäre vielleicht ein Thema für die Freakshow? Würde mich freuen @GestrandeterPanda dort zu hören.

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Wenn der Part nur halb so gruselig war, wie er in meinem Kopf gerade wirkt, wundert es mich gar nicht, dass Du erstmal einen Moment Erholung brauchtest. Wow.

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Ich weiß, das sollte ich nicht tun, aber ich nehme mir das jetzt nach ein paar Jahren Sendegate raus: ALTER FALTER!

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Merkwürdig. Gezielt nach Ultraschall fragen, aber nicht wissen, wo man ist.
Vermutlich wär’s mir vor Ort nicht aufgefallen, hab’s auch nicht beim ersten Lesen bemerkt.

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das problem was ich hier sehe ist, dass die leute sich nicht mal vorgestellt haben. das war kein gespräch unter gleichen und interessierten. das würde ich auch außerhalb des kongresses nicht ok finden und kritisieren.

mfg
mh

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Da bin ich mir (leider) nicht (mehr) sicher, ob das Gespräch so begonnen hat.
Die Frage nach Ultraschall kam aber. Ob aus der Situation heraus oder gezielt kann ich dir nicht sagen.

Nach meinem Empfinden haben die beiden aber ihre “wahre Identität” anfangs bewusst zurück gehalten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die “fehlende Vorstellung” “aus Versehen” geschehen ist.

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Mich erinnert die Geschichte ein bisschen an die Situation vor einigen Jahren in der Coworking Szene. Dort gibt es bundesweit viele Coworking Spaces, von denen viele in der German Coworking Federation organisiert sind. Was für uns die Subscribe ist, ist dort die Cowork.

Ausgangspunkt waren Community-getriebene Coworking Spaces wie z.B. das Betahaus Berlin oder Coworking Nürnberg. Irgendwann kamen Player hinzu, die eher aus dem Betrieb von Business Center stammten (z.B. Regus). Das wurde in der Community -diplomatisch formuliert- zunächst sehr kritisch kommentiert. Langfristig hat es zumindest in meinen Augen allen Fraktionen neue Erkenntnisse und Ideen gebracht.

Ähnlich könnte ich mir das für unsere Community auch vorstellen. Nach ersten Schwierigkeiten beim “Beschnuppern” und Kennenlernen könnte uns die Nähe zu Plattformbetreibern wie Spotify ähnlich wie die Nähe zu Radiosendern oder Videoschnitt-Community auch neues Wissen und Ideen bringen. Oder seht ihr das zumindest mittel- bis langfristig gar nicht?

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Gar nicht.

Spotify will wahrscheinlich einfach nur mal schauen wie das so „bei uns“ läuft. Ansonsten bleiben ich dabei: wie Spotify bisher nahezu unverändert mit Podcasts umgeht und diese auf ihrer Plattform präsentiert* interpretiere ich als: es ist ihnen alles egal, Hauptsache das läuft auf ihrer Plattform und die Zahl der (zahlenden) Abonnenten steigt.

Ich glaube nicht dass sie an einem echten Wissensaustausch o.Ä. interessiert sind.

*Zur Erinnerung und für die sich das noch nie angeguckt haben: sie sind einfach nur da, wie Musik, der Player ist der selbe wie bei Musik, es gibt eine Timer Funktion und das war es schon. Jede 0815 Podcast App ist um Welten besser als das was Spotify da verbricht.

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Habe mich auch jetzt ca. ein Jahr dagegen gesträubt, meine Podcasts auf Spotify zu stellen. Aber zumindest bei meiner Zielgruppe war “Kann ich das auch auf Spotify hören?” die absolute Nummer eins bei den ersten Fragen.

Habe die Podcasts jetzt auf Spotify gestellt und dabei im Nachgang auch kein schlechtes Gefühl. So wie Apple Podcasts ist Spotify ein Verzeichnis. So wie Apple das Verzeichnis betreibt, um mehr Geräte zu verkaufen, macht das Spotify, um mehr Kunden zu bekommen (habe mich auch nie schlecht gefühlt, im Apple Verzeichnis gelistet zu sein).

Zusätzlich ist Spotify noch ein Podcast-Player, wenn auch kein guter, wie du völlig richtig schreibst. Aber ähnlich wie es bei Overcast eine Weile gebraucht hat, bis die Macher z.B. von Kapitelmarken überzeugt waren, könnte sich ja auch Spotify in eine für PodcasterInnen positive Richtung entwickeln?

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NEIN. Spotify ist eine geschlossene Plattform, ich kann dort nur die Podcasts hören die es dort gibt. Ich kann keine manuell hinzufügen. Entweder ich höre nur noch das was es dort gibt oder nutze eine zweite App.

Warum sollten sie? Läuft doch für sie aus ihrer Sicht auch so :money_with_wings:

OffTopic und Rant Ende.

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… das geht aber bei Apple Podcasts auch nicht. Der/die BesitzerIn des Podcasts muss seinen Feed manuell bei Apple Podcasts eintragen. Wenn er/sie das nicht macht, kann man den Podcast dort nicht finden. Das Prozedere ist bei Spotify identisch.

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Es bleibt trotzdem eine geschlossene Plattform und solche Plattformen sind nun mal der Tod des freien Internets. Die Leute kommen zu Spotify wg. Musik und weil es da auch Podcast gibt - in einer App - also aus Bequemlichkeit. Das meine ich gar nicht negativ, es ist zutiefst menschlich.

Ziel solcher Plattformen, siehe Facebook, ist, dass alle im Netz sie nutzen, ansonsten lohnt sich die Plattform nicht. Der Sinn zeigt sich ja schon alleine in den Statistiken, die sie bereit stellen, sie wollen deine Daten. Zum Glück gibt es eine Menge Alternativen um Musik im Netz zu hören, so dass zumindest zur Zeit ein Monopol nicht in Aussicht steht.

Jedenfalls bleibe ich dabei und rede mir weiterhin den Mund fussellig, dass solche Plattformen weder den Produzenten noch den Nutzern gut tun und rate immer, einen normalen RSS-Podcatcher zu nutzen und NICHT Spotify zu verwenden.

Abschließend möchte ich anmerken: Tod den Plattformen!

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Auf das Verzeichnis von Apple Podcasts kann aber jede Podcast App zu greifen und auch in der vorinstallierten iOS Podcast App von Apple kann ich Podcasts hinzufügen die nicht im Verzeichnis sind. Die Apps lesen den im Verzeichnis gelisteten Feed aus und machen daraus das entsprechende, also Darstellung von Shownotes, Kapitelmarken (+ Fotos), usw. Apple selber macht mit den Feeds nichts.

Spotify hingegen ist geschlossene Plattform und App in einem.

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Kann ich bei Spotify in der App einen beliebigen RSS-Feed abonnieren? (Ernstgemeinte, nicht aufgeladene Frage – ich mag Musik-Streaming nicht und hab daher keinerlei Erfahrung mit der App.) Bisher bin ich davon ausgegangen, dass das nicht geht, und das ist mMn neben der Geschichte dass sie für ihre exklusiven Audioshows das Wort „Podcast“ zweckentfremden ein unentschuldbarer Zustand.

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Nope - das ist nicht möglich. Du kannst nur Podcasts folgen, die von Produzenten bei Spotify eingetragen wurden.

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Danke – solange das der Fall ist, empfinde ich Spotify weiterhin als Feind und massive Bedrohung für “meine” Podcastwelt.

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