Hintergrundgeräusche entfernen

Hallo,

ich habe vor kurzem eine Aufnahme eines Theaterstücks an einer Schule bekommen. Dort stand die Kamera mit zugehörigem Mikro mitten im Raum und nahm auf. Nun ist es so, dass die Akteure vergleichsweise leise sind und die Geräusche ringsum vergleichsweise laut.

Ich würde gern die Geräusche, die aus dem Publikum kommen, weitgehend rausfiltern und hätte die Stimmen auf der Bühne laut. Gibt es dazu irgendwelche passenden Anleitungen/Software etc.?

Ich habe mal versucht mit verschiedenen Einstellungen bei Auphonic herumzuspielen. Dabei wurde jedoch meist alles auf eine Lautstärke gehoben und die Akteure waren durch die lauteren Hintergrundgeräusche nicht gut hörbar. Falls ihr mögt, kann ich euch ein Soundbeispiel geben.

Ich bin für jegliche Hinweise dankbar, wie ich die Qualität verbessern kann.

Ohne jetzt das Material schon zu kennen: das wird schwer bis unmöglich, zumal wenn schon Auphonic die Segel streicht. Entrauscher basieren im Kern auf der Idee, gleichmäßige Störungen - wie eben Rauschen - zu analysieren und dann vom Signal abzuziehen: übrig bleibt alles, was kein Rauschen ist.

Dein Publikumsraum ist jetzt aber eben nicht gleichmäßig, sondern völlig chaotisch im Sound - ich würde sagen fast unmöglich das zu bereinigen mit vertretbarem Aufwand.

Am ehesten würde ich das noch Adobe Audition zutrauen: dem “Photoshop” unter den Soundeditoren, da kann man etwa direkt im Frequenz-Spektrum rummalen…

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Das dürfte erfahrungsgemäß vermutlich leider eins der Beispiele sein, bei denen klar wird, warum Leute mit Erfahrung viel Aufwand in ein eine saubere Aufnahme setzen: kaputtes Rohmaterial ist mindestens aufwändig nachzubearbeiten (wenn überhaupt zu retten) selbst für “Naja”-Ergebnisse…

Ein paar Ansätze:

  • Allgemeines leises Gemurmel in Pausen kann man durch ein Expander/NoiseGate wegdrücken - zu schwach eingestellt kommt aber noch viel durch, zu stark, und leise Sprechpassagen verschwinden ebenfalls. Zusätzlich hört sich der Bühnendialog mit Gemurmel gegenüber klinischer Stille in den Pausen seltsam an. Ich würde da eher vorsichtig expanden denn “unendlich” noisegaten.
  • Ein Kompressor hebt leise Stellen gegenüber lauten an (technisch umgekehrt: macht die lauten Stellen leiser und hebt dann die Gesamtlautstärke an) - genau das, was man in einem Interview-Dialog in einem stillen Raum will, nicht aber bei publikumsvermurmeltem Bühnendialog. Das dürfte dann auch eins der Probleme sein, wenn man Auphonic verwendet.
  • Poltern, umfallende Flaschen, Huster - die könnten ganz vielleicht durch einen Polter- und Knacks-Filter gefangen werden die es für Schallplattenbereibigung gibt (da hat auch wieder CoolEdit / Adobe Audition was im Angebot), das kann man aber auch selber “schneiden” oder zumindest wegdrücken - Handarbeit, geht aber meist recht gut.

Was ich machen würde, um so eine Aufnahme zu retten?

  • Das ganze Stück manuell und stückweise nachregeln: Einzelgeräusche runterregeln, leise Dialoge hoch, …
  • Wo einzelne Stellen nicht durch Lautstäke in den Griff zu bekommen sind (Fiepen, nachklingende Flaschen), dort lokal mit Klangfiltern arbeiten (siehe @rstockm : “malen” bei Adobe Audition geht - fand ich persönlich aber weniger brauchbar als klassische Arbeit weil schnell künstlich) - und zwischen Maskieren und Klangartefakten abwägen
  • Peaks (Einzelklatscher etc.) durch einen Limiter oben beschneiden, dann alles hochnormalisieren.
  • zum Schluss das “Grundrauschen” nach unten vorsichtig wegexpanden (dazu war dann das vorangehende Limiting, damit da etwas mehr Platz in der Dynamik ist).

Ja, das ist viiiiel Handarbeit. Automatische Tools sind da in den meisten Fällen überfordert, da sich alles zu viel innerhalb derselben Aufnahme stark ändert und es laufend Grenzfälle gibt, die es abzuwägen und unterschiedlich zu behandeln gilt.

Sorry!

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Die Präsenzfrage ist auch noch interessant, und das kann kein Filter, keine Bearbeitungstechnik verbessern: Wenn Sprecher/innen in einem Raum sprechen, dann hört sich das immer genau danach an, wenn das Mikrofon im Raum steht. “Jemand sprecht in einem Raum”.

Wenn Sprecher/innen zu mir sprechen (“Präsenz”), dann muss mein Ohr/Mikrofon auch bei den Sprecher/innen sein. Das dürfte bei der Studiofotografie ähnlich sein - die Mühe des Lichtaufbaus wird man sich nicht durch Bildbearbeitung ersparen.

Kurzgefasst: Mikro ran an die Leute, die reden.

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Möge der Abstand zwischen Mund und Mikro nie größer als eine Armeslänge sein :slight_smile:

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Eine Ellenlänge ;=) Was unter der Flucht/Angriffssdistanz ist. Einverständnis zum Interview daher immer notwendig. Ich habe da einmal einen Fehler in einer engen Gasse in Dubrovnik gemacht.

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In dem Falle stand das Mikro in der Mitte des Raumes, d.h. ca. fünf Meter von den Akteuren entfernt …

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Danke für eure Ausführungen.
Dann nehme ich mal das beste Auphonic-Ergebnis als das Beste. :slight_smile: Und werde den Rat weitergeben, künftig das Mikro näher ran zu stellen.

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Optimalfall ist natürlich, dass jeder ein eigenes Mikro trägt. Aber das ist meist nicht so ohne Weiteres möglich.

Alternativen wären aber, das Mikro irgendwo sinnvoll auf der Bühne zu verstecken.
Vielleicht am Bühnenrand zum Bühnengraben hin. Nachteil: Um es nicht zwingend im Blickfeld des Zuschauers zu haben, müsste man es bodennah aufbauen. Und dann hörst du die Schritte überpräsentiert.

Vielleicht ein Mittelweg: Mikro über der Bühne hängen lassen.
Wenn die nächste Tonquelle die Sprecher sind, ist der entstehende Raumhall vertretbar. Bei deiner aktuellen Aufnahme hast du ja das Problem, dass die nächste Tonquelle das Räuspern, Husten, Rascheln und Tuscheln das Publikum ist.

Egal, wie du es machst: Nimm ein separates Mikro, das nicht in der Kamera integriert ist. Einerseits sind Kameramikros meist nicht so gut (wenn man nicht eine Profikamera hat), andererseits brauchst du für die Kamera ja den Abstand zur Bühne, was für den Ton aber der Tod ist.
Oder nimm ein gutes mobiles Aufnahmegerät und nimm nur den Ton auf. Im Nachgang schiebst du Ton und Bild in der Videobearbeitung zurecht.

Wie schon vorher geschrieben: Den Ton wirst Du nicht verbessert bekommen.

Aber man kann heute schon für SEHR SEHR geringes Geld halbwegs brauchbare Aufnahmen machen. Was nämlich viele vergessen ist, dass heute eigentlich so ziemlich jeder ein relativ hochwertiges Audiointerface mit sich rumschleppt: Sein Handy!
Software gibts kostenlos (z.B.iRig Recorder) und selbst das billigste 5-Euro Lavalier-Mikro dürfte hier schon um Welten besser klingen als jede 08/15-Videokamera die 30 Meter entfernt steht… - für 30 Euro kriegt man schon ein verdammt gut klingendes Condenser von Audio Technica (ATR3350).

Davon ausgehend, dass jeder ein Handy plus Software hat, könnte man für unter 200 Euro schon ein 15-Köpfiges Theater-Team ausstatten (die Hauptdarsteller kriegen das AT-Condenser und der Rest irgendein Billo-Lavalier)

Natürlich macht da das Schneiden keinen Spaß, weil man hier Stress mit der Synchronisierung bekommt (unbedingt Filmklappe benutzen), aber man hat den Sound überhaupt erstmal auf Band und kann damit arbeiten.

Das dürfte bei der Studiofotografie ähnlich sein
Jain… Ist natürlich immer besser vernünftiges Ausgangsmaterial zu haben… Aber beim Fotografieren, kann ich mir im Lightroom oder Photoshop noch SEHR SEHR viel dazu retouchieren, solange das Hauptmotiv halbwegs scharf ist… Selbst wenn es durch hohes ISO etwas rauscht, kann man damit leben. Eine versaute Tonaufnahme mit zu viel Ambience, ist aber fast unrettbar verloren.