Eure Meinung zu: DIY Portable Vocal / Sound Booth (Isolationsboxen)

Hallo meine Freunde der hörbaren Unterhaltung,
ich würde gerne mal wissen, was ihr von selbstgebauten Isolationsboxen haltet.

Kurz zur Vorgeschichte:

Die letzten Wochen überlegte ich stark, welches Mikrofon ich mir als Einsteiger kaufen sollte. Als absoluter Audio-/Mikrofonlaie war das eine ziemlich knifflige Entscheidung. Nachdem ich die grundlegenden Basics verstanden habe, stand ich vor einer schweren Entscheidung. Kondensator oder Dynamisch? Aus meiner subjektiven Sicht klangen (bzw. klingen) Kondensatormikrofone hochwertiger. Die Qualität war/ist - meiner Meinung nach - deutlich schöner. Dynamische Mikrofone klangen für meine Ohren eher dumpf und blechern.

Lange Rede, kurzer Sinn. Am Ende entschied ich mich für ein Kondensatormikrofon. Meine Wahl fiel auf das Rode NT-1. Die Entscheidung traf mein Herz. Ich wusste zwar, dass man bei Kondensatormikrofonen mit Umgebungsgeräuschen zu kämpfen hat, aber ich war bereits von diesem Mikrofon angetan. Die Soundbeispiele bei diversen Testberichten waren der Hammer. Auch die Qualität, welche man bei Soundcloud und Youtube so hören konnte, gefiel mir. Ich war überzeugt!

Nachdem das Mikrofon bei mir ankam, kam die große Ernüchterung. Verdammt ist das sensibel! Die Qualität finde ich großartig - sowohl vom Sound als auch vom Produkt selbst - nur diese Sensibilität.

In jeder Aufnahme befanden sich Störgeräusche. Die Fassetten waren vielseitig. Die Taube die auf dem Dachfenster landet und gurgelt. Der Bürostuhl der knarrt, wenn ich mich einige Millimeter nach Vorne und Hinten bewege. [usw.]

Bevor mich jemand angiftet: Ja, ich gebe es zu! Das hätte man vorher wissen sollen/können/müssen. Bevor man den Bestellbutton klickt, sollte man wissen was man tut. Was soll ich sagen? Ich war verliebt? :heart_eyes: Letztlich suchen wir immer Gründe, die unsere Kaufentscheidung stützen. :yum:

Doch was sollte ich jetzt tun?

Ich fragte meinen Freund Google um Rat und stieß relativ schnell auf diverse Videos von selbstgebauten Aufnahmeboxen. Das Ganze findet man unter vielen Namen, zum Beispiel:

  • DIY Portable Vocal Booth
  • DIY Portable Sound Booth
  • DIY Microphone Studio Box
  • DIY Microphone Isolation Box

Zwar war im Internet hauptsächlich die Rede davon, dass diese Boxen den Hall isolieren, trotzdem dachte ich, dass das etwas für mich sein könnte. Mein Gedankengang: Wenn das Mikrofon von nahezu allen Seiten von Schaumstoff umgeben ist, sollte es wirken wie ein riesiger Ohrstöpsel. In dem Fall sollten alle Umgebungsgeräusche von links, rechts, oben und unten STARK abgemildert sein.

Also besorgte ich mir eine Stoffbox von IKEA sowie flachen und noppigen Schaumstoff. Das Ganze habe ich anschließend zurechtgeschnitten und verklebt. Die Box ist außen mit 5cm flachen Schaumstoff und Innen mit 3cm Noppenschaumstoff isoliert.

Nachdem die Box fertig war, schnitt ich mir eine Test-MP3, welche ich anschließend aufs Handy geladen habe. Auf der MP3 war Hundebellen, starker Regen und Vogelzwitschern zu hören. Anschließend spielte ich die MP3 im gleichen Abstand zum Mikrofon ab. Blanko auf dem Tisch und stehend in der Box. Die Minimierung der Geräusche war wirklich minimal und kaum signifikant.

Am Ende habe ich verzweifelt aufgegeben. :confused: Letztlich bestellte ich mir ein Rode ProCaster (inkl. FetHead). Das Rode NT-1 bleibt trotzdem in meinem Besitz. Mir fallen noch diverse Einsatzzweck ein, welche nichts mit Podcasten zu tun haben. Darum soll es allerdings nicht gehen!

Ich würde gerne wissen, was ihr von solchen Boxen haltet?
Verwendet sie jemand von euch?
Worin seht ihr den Nutzen / den Nachteil solcher Boxen?
Ist eine solche Box ein „Nice-To-Have“ oder eher ein Staubfänger?

Würde mich über eure Meinungen freuen.

Liebe Grüße
Marcel

Solche Boxen sind kaum als Abschirmung gegen Umgebungsschall tauglich - vielmehr sind sie Reflektionsfilter. Auch dämpfen sie harte Laute so weg, dass sie dann weniger stark im Raumklang zurückkommen. Es geht dabei immer weniger darum, was von außen kommt, als darum, was Du an Klang in den Raum sprichst, und was dann raumabhängig mehr oder weniger stark zurückkommt.

Das ist etwas für Leute, die ein sehr “schickes”, aufgeräumtes, kaum möbliertes Büro mit kahlen Wänden und viel Glas haben - und idealerweise direkt gegen eine glatte, harte Wand sprechen (wie beispielsweise auch ihren Monitor). Denn dann kann es neben Hall aus dem Raum zusätzlich zu Kammfiltereffekten kommen. Und genau gegen so etwas helfen dann solche Reflexionsfilter. Oder ein vollgestopftes, mäßig aufgeräumtes Arbeitszimmer (wilde Buchregale For-The-Win).

Zudem helfen gerichtete Bühnen-Mikros (Sennheiser e835/e945, Shure SM58, AKG C1000, …) - denn für solche ist die Unterdrückung von Nebengeräuschen ein wesentliches Designkriterium. Als Nebeneffekt brauchen die auch keine Spinne, da die als Hand-Mikrofone auch das 'Rumbefingern in der Hand selber wegdämpfen müssen.

Wenn von draußen zu laut ist, dann hilft nur ein Umzug an stillere Örtchen (nein, nicht das Klo - das ist ob der Fliesen zu hallig) oder eine (meist eher mäßig gemütliche und teure) Sprecherkabine. Wenn “zu viel Raum” (-Hall) auf der Aufnahme ist, dann kann ein Umzug in ein anderes Zimmer ebenfalls helfen. Ein leeres/aufgeräumtes Schlafzimmer ist da bei vielen kahlen Wänden (auch: Schrank- und insbesondere Spiegeltüren) halliger/auffälliger als ein Arbeits- oder Wohnzimmer mit Bücherregalen an vielen Seiten.

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Kann mir diese Box auch bei der Aufnahme mit einem dynamischen Mikrofon helfen? Wie bereits erwähnt, behalte ich zwar das Rode NT-1, steige aber für Sprachaufnahmen auf das Rode ProCaster um. Ich weiß nicht, ob ich die Box eintüten soll und auf dem Dachboden verstauen oder ob sie mir noch nützliche Dienste leisten kann.

Nein, da hast Du @vtanger falsch verstanden (der da übrigens einen sensationell guten Beitrag geschrieben hat: Grundwissen der Akustik und Mikrofonierung, was aber in der „Heimstudio-Szene“ regelmäßig und geflissentlich ignoriert wird).

Was Du gebastelt hast - und was es auch als so genannte „Reflection Filter“ in mehr oder minder guter Qualität zu kaufen gibt -, mindert den Schall, der von dem vor Dir stehenden TFT oder auch dem blanken Tisch, einer Wand, einer Tür, einem Fenster zurück in den Raum reflektiert wird.
Auf die Aufnahmeempfindlichkeit Deines Mikrofons hat das so ziemlich gar keinen Einfluss - und die Taube auf dem Dach (die, so ganz am Rande, über den Schornstein noch viel lauter in die Wohnung kommt) sperrst Du damit auch nicht wirksam aus.

Ziel solcher Reflexionsverhinderer ist es, möglichst wenig Direktschall in den Raum zu bringen, der dann als vielfältig im Raum reflektierter Schall wieder zurück zu Deinem Mikrofon kommt, und zwar mit unterschiedlichen Laufzeiten (Verzögerungen) in die Haupteinsprechrichtung - also die Richtung, aus der Du sprichst. Und die ist nicht abgeschirmt.

Das ist im übrigen auch ein beliebter Denkfehler vieler Filter- und Boxenbastler: Sie machen die bei einem Nierenmikrofon ohnehin taube Ecke zu und wundern sich, dass immer noch Hall aufgenommen wird.
Der leider viel zu früh verstorbene Eberhard Sengpiel aka ebs brachte es mal etwas drastisch auf den Punkt:

Kann man Hall isolieren?
Nein. Aber Du kannst Reflexionen schlucken lassen bzw. so diffus werden lassen, dass es nicht mehr stört.
Btw: Bitte keine schalltoten Räume erzeugen, das ist klanglich katastrophal (zu Messzwecken ja, aber sonst nicht!). Ein professioneller Sprecher sagte mir mal:

Ein Raum muss klingen.

Zugegeben, in diesem kurzen Satz steckt so viel akustische Weisheit, das realisiert man nicht gleich auf Anhieb. Aber da ist was dran. Und: Er meinte nicht Hall damit, sondern Diffusion.

In meinem Fall habe ich das schlicht und ergreifend mit Molton hinter mir und an zwei weiteren Wänden realisiert.
- Bitte den Tisch nicht vergessen! Eine gern übersehene Reflexionsfläche! -
Ist der Raum ganz frei und offen, können spanische Wände / Paravents helfen. Bettdecke drüber / Wolldecke (Kolter), Umzugsdecke… kann schon erste Effekte bringen.

Ich hab’s mal, weil es nicht anders ging, mit Bettzeug auf einem Wäscheständer hinter mir und einem Kopfkissen auf dem Tisch vor mir gerettet. War bei meiner Freundin und musste schnell einen Textbeitrag fürs Webradio sprechen, weil ein Kollege ausgefallen war.
Ergebnis: Sendereif.

Tja, und was ist mit der Empfindlichkeit des NT1?
Nimm doch einfach die Eingangsempfindlichkeit am Interface runter und geh’ etwas näher ans Mikrofon ran. Schon ist der Raumanteil weg und die Taube muss sich mehr anstrengen.
Die richtige Entfernung findest Du selber raus, da musst Du probieren.
Fakt ist: Vieles, was Du während der Aufnahme im Kopfhörer hörst, bekommt der Hörer später nicht unbedingt mit (ein Kollege entschuldigte sich mal für die Katze im Studio - blöd nur, dass die außer ihm keiner gehört hatte).

Na ja, und wenn man sich schon ein Mikrofon mit einer Empfindlichkeit von 35 mV/Pa ins Haus holt, sollte man sich über die Ergebnisse freuen statt ärgern. Schließlich hat man ja dafür bezahlt.

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Die Erfahrungen, die man mit sowas sammeln kann, hast Du ja jetzt bereits gemacht und gut geschildert. Fast jeder muss mahl Lehrgeld bezahlen.

Die Boxen wirken tatsächlich wenig gegen Umgebungsgeräusche. Sie helfen höchstens etwas bei Raumhall. Wenn’s dumm geht, klingt die Aufnahme am Ende noch “boxy” - wie in einem Schuhkarton halt.

Also wie immer:

  1. Raum möglichst passend wählen.
  2. Raum akustisch möglichst gut gestalten.
  3. Stör- & Umgebungsgeräusche möglichst entfernen.
  4. Passendes Mikrofon wählen.
  5. Ganz am Ende kann das Unvermeidbare vielleicht noch etwas in der DAW korrigiert werden.