Ein Interview mit terminal kranker Person führen

Hallo zusammen,

für unsere Interviewreihe im nächsten Jahr planen wir unter anderem ein Interview mit einer Person, die terminal erkrankt ist. Ich habe mich ein bisschen eingelesen in die üblichen Strategien, wie man ein Interview aufbauen kann und mit welchen Kniffen ich das Gespräch auch etwas lenken kann.

Problem: Die Person wird nur begrenzt Kraft haben und unser Grundthema wird auch nicht Blümchen pflücken sein.

Habt ihr vielleicht Tipps oder Erfahrungen, die ihr mit mir teilen möchtet, was Struktur und Techniken betrifft? Ich möchte sie nicht überanstrengen, aber auch nicht zu lose rumfliegen lassen in ihren Themen, um zu vermeiden, dass sie zwar länger mit mir sprechen kann, aber inhaltlich weniger einbringen.

Bin gespannt, was ihr so meint.

Keine Erfahrungen, aber ihr könnt in jedem Fall fehlenden Kontext „aus dem Off“ nachreichen.

Vorher alles absprechen.
Beim ersten Anzeichen von Abschweifung freundlich, aber bestimmt unterbrechen und die nächste Frage stellen - besser schon, wenn die Kernfrage beantwortet ist.

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Gute Struktur. Die Themen in kleinere Teilabschnitte packen, so dass die Teilthemen beendet werden können wenn der Person die Kraft an nem Tag zu sehr ausgeht.

Und die Person vorher schonmal fragen, was ok ist und was nicht, so dass Du während des Gesprächs nicht in Fettnäpfchen trittst. Welche Themen sind Ok, welche nicht.

Und eventuell die groben Gebiete zuerst machen. So hast Du die wichtigsten Inhalte schon mal und dann könnt Ihr die restliche Zeit nutzen Details aufzufüllen.
Ich geh mal davon aus, dass das Interview jetzt nicht in einem Stück aufgenommen werden kann und man muss auch damit rechnen, dass es jederzeit vorbei sein kann. So hast Du wenigstens das Thema soweit rund und die interviewte Person hoffentlich auch die wichtigsten Sachen rüberbringen können.

Als Ergänzung zu Rantorons Anmerkung mit Kontext aus dem Off würde ich noch sagen, dass Ihr das Interview eher so planen solltet, dass Ihr es nicht 1:1 versendet sondern eher nen Beitrag draus macht. Das gibt noch mehr Flexibilität. Erst recht, wenn Ihr an einem Tag interessantes Material aufnehmt, welches aber so nicht versendet werden kann(Sprache nur schlecht zu verstehen oder der Person ist es unangenehm so gehört zu werden oder es musste mittendrin abgebrochen werden aus Gründen).

Und: nehmt mehrere Aufnahmegeräte mit zur Sicherheit die Ihr parallel laufen lasst. Jeder Technikfuckup und daher neu aufnehmen bedeutet unnötige Strapazen.

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Huhu - danke für deinen Input :slight_smile:
Mit „fehlendem Kontext“ meinst du was genau? Teile einer Erzählung oder Dinge, die ich rausschneiden muss, weil die Person sie zu lang oder wirr erzählt hat? - Oder noch was ganz anderes?

Dir auch vielen Dank für den Input :slight_smile:
Ja, ich habe einen Beitrag geplant, bin mir nur noch nicht so sicher, wie ich die Themen runterbreche.
Es soll ja am Ende auch nicht zu grob werden - aber auch nicht zu fisselig… argh :crazy_face:

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Nicht alles, was Du und die Person ansprechen, muß jedem direkt offenbar sein (besonders, wenn es z.B. etwas sichtbares im Raum ist) - das meinte ich.

kleines Update

Wir haben unser großes Interview gemacht und es hat gut geklappt.
Jetzt wird es ernst mit dem Sterben und geht (gefühlt) erst richtig los mit dem Interview. Die Person kommt bei sich an, bei ihren inneren Vorgängen und wir bauen dank der Pandemie gerade eine speziell distanzierte Beziehung auf.

Es ist ganz schön … deep, aber in dem Sinne, dass es gerade so weh tut, dass es eigentlich total schön ist.

Auf produktionstechnischer Ebene bin ich derweil froh, vorher nicht gewusst zu haben, was da auf mich zukommt. ^^

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Dickes Brett, aber ihr habt das ja wohl ganz gut geschafft.

Ich hätte geraten, sich im Vorfeld mal mit jemandem zusammen zu setzen, der ernsthaft in Sterbebegleitung ausgebildet ist. Zu finden im örtlichen Hospitzverein oder wenn man kirchlich verankert ist, kann der Pastor meist auch Auskunft geben. Es gibt da Leute mit sehr viel Erfahrung.

Generell ist sicher die richtige Haltung, Respekt und Zugewandtheit wichtiger als alle Interviewtechnik. Für mich wären (wenn es gut läuft) zunächst die Bedürfnisse des Interviews guten deutlich vor den Bedürfnissen von des Interviews und der Hörer. Da ist schneiden sicher der richtige Ansatz.

Und zur Beruhigung: Sterbenskranke sind nicht zwingend sonderlich zerbrechlich und wissen durchaus, was sie wollen und was nicht.

Viel Erfolg mit Eurem Projekt!