DSGVO Don’t Panik
Am 25.05.2018 war der Weltuntergang des Internets in der bisherigen Form. So zumindest nehme ich es in vielen Blog-Beiträgen, in Podcasts und selbst in der normalen Tageszeitung wahr. Es wurden Website gelöscht, Verträge gekündigt … Kulturgut ist unwiderruflich verschwunden.
Ich bin irritiert, verwundert und versuche mir das zu erklären.
Was hat die DSGVO verändert?
Das Bundesdatenschutzgesetz, veraltet - mehrmals geflickt - mittlerweile fast nicht mehr lesbar, wurde durch eine modernes fast weltweit einheitlich anwendbares Gesetz ersetzt.
Websites und Podcasts sind in meinen Augen Information für die Öffentlichkeit und Kulturgut. Im Datenschutzrecht nennt man das Telemedien. Dafür gilt in Deutschland das Telemediengesetz (TMG) von 2007. Das ist die Umsetzung einer EU-Richtlinie von 2000. Davor war es etwas komplizierter, aber auch schon geregelt. Das passt für fast alles was die Nutzung des Internets betrifft.
Das Internet selbst als Technologie wird überwiegend im Telekommunikationsgesetz (TKG) geregelt. Das TKG ist von 2004, die EU-Richtlinie dazu von 2002. Aber auch davor gäbe es schon Gesetze zu diesem Thema.
Beide Gesetze galten vor dem 25.05.2018 und gelten immer noch. Dort ist der Datenschutz für diesen Anwendungsbereich geregelt. Diese Regeln müssen vor der DSGVO betrachtet werden. Nur wenn es dort nicht geregelt ist, gilt die DSGVO.
Was hat de DSGVO je für uns gebracht.
Das BDSG wird das letzte mal 1990 in einem Stück überarbeitet. Volkszählungsurteil und so. Seit dem wurde wie bei einem Scherenschnitt alle paar Jahrzehnte herumgeschnippelt, gestrichen ersetzt und querverwiesen. Ich bin kein Jurist und musste täglich mit dem Bastelbogen umgehen.
Jetzt gibt es endlich ein Regelwerk in einem Stück.
… die DSGVO ist aber so lang und kompliziert …
Wer hat die gelesen?
Ich (übrigens schon 2016 und die Jahre vorher die Entwürfe) … und ich finde sie einfach zu lesen.
Denn die EU stellt den Text in allen EU-Sprachen zur Verfügung. Mit Zeilennummern - super für die Übersetzung und die internationale Zusammenarbeit.
Schon die Einleitung erklärt und was es geht.
Menschenrechte, Freiheit … unsere Zukunft.
Danach werden 173 Gründe aufgezählt warum das Notwendig ist. Kurze Absätze. Was mich nicht interessiert kann ich überspringen.
Der Rest, zugegeben, Artikel statt Paragraphen … Gesetzestext halt.
IT-Sicherheit nach 40 Jahren endlich mit aktuellen Begriffen, aber was soll’s.
DSGVO Wehklagen
Der Aufschrei wird transportiert von Menschen die Medien kennen. Ich war der Meinung, dass auch das Medienrecht bekannt ist.
Ach ja, die hohen Strafen. Bis zur DSGVO lag die Höchststrafe bei 2 Jahren Gefängnis und 300.000 Euro. Wen hatte das schon beeindruckt. Jetzt sind es 4% des Jahresumsatzes. Als Blogger oder Podcaster muss ich mich nun befürchten dass die Geldstrafe steigt. Dann müsste ich von den 7,5 Millionen im letzten Geschäftsjahr mehr abgeben. Oder habe ich mich da verrechnet? Ok, gewonnen es könnten auch 20 Mio. Strafe werden.
Sorry - aber bisher die Rechte der Leser- und Hörerschaft ausgeblendet hatte, obwohl es bis zu 2 Jahren Knast gab, der wird es wohl weiter tun (können).
Gerne würden manche das Zukunftswerk DSGVO beschneiden. Denn sie verhindert Überwachung, verhindert Benachteiligung von Schwächeren, schützt Menschenrechte, verlangt Verantwortung, behandelt alle gleich und … und …
Also verbündet euch alle dagegen - die Datenschützer sind es ja gewohnt. Sind eh Aluhüte und bekommen immer eins in die Fresse - von denen die Daten wollen und von denen um deren Daten es geht.
Schafft die EU-DSGVO ab, denn die Zeiten dafür sind gut. Sowas braucht die EU jetzt nicht. Es gibt andere Probleme.
Was sonst noch?
Für mich war der 25.05.2018 ein guter Tag. Mein DSGVO-Projekt ist fast zu Ende, das Ziel wurde erreicht und Restarbeiten schaffen wir auch noch, insbesondere, da die täglichen Nachfragen … schaffen wir das überhaupt noch … aufhören.
Am 25.05. war Towel-Day, daher hatte ich ein Handtuch dabei und war relativ entspannt. Wenn ich Glück habe werden jetzt die Überstunden und die Wochenendarbeit weniger - Gute Aussichten … vielleicht wieder Zeit zum Podcasten.
Einen hab ich noch. Wenn die ePrivacy-Richtlinie das TKG ablöst dann werden wir direkt betroffen sein. Dann gibt es mehr Grund zur Aufregung als bei der DSGVO. Viel Spaß schon mal.
Disclaimer, oder wie man das nennt.
Das war jetzt stark vereinfacht, denn es gibt auch noch den Mediendienstestatsvertrag, den Verbraucherschutz, das Urheberrecht und noch vieles mehr. Aber auch dass ist alt und gilt nicht nur im Internet. Don’t Panic.
Wer am 25. kein Handtuch dabei hatte, werfe den ersten Stein …