Im Verlauf der #sub7 ist mir ein Gedankengang zum Thema Mediathek gekommen, den ich auch z.B. mit @henningkrause und @marcusschuler kurz besprochen habe und den ich hier kurz festhalten möchte. Vielleicht hat ja jemand Lust in die Richtung etwas mitzudenken.
Ich bin seit einigen Jahren in ein Projekt bei Audi involviert, bei dem es um die Einführung sozialer Medien in Unternehmen geht. Ein Bestandteil ist das sog. Audi Media Center, eine Plattform, die Audio-, Video- und Bild-Dateien speichern, in Kanäle organisieren und ausliefern kann (s.a. http://media.cogneon.de/index.php/s/OPO12UPMyIvSVmv, Folie 16). Gleichzeitig beobachte ich als Mitglied der OER-Community (Open Educational Resources) die Aktivitäten dort. Einzelne Unis machen MOOCs (Massive Open Online Courses) und bauen Plattformen auf, um Audio-/Video-/PDF-Dateien zu verwalten (z.B. oncampus, mooc.house). An anderer Stelle gibt es Bestrebungen, übersichtliche Verzeichnisse zu diesen Lerninhalten aufzubauen (z.B. der OER-Atlas unterstützt durch Unesco, Wikimedia, Free Software Foundation Europe, Creative Commons, Deutscher Bildungsserver). Kurz gesagt, es entstehen viele inhaltliche Inseln, die in der Verwaltung von Multimedia-Inhalten eine Gemeinsamkeit haben.
Wäre es für uns alle nicht super, wenn wir eine Art Deutschland Mediathek hätten, die alle (Öffis, Bildungseinrichtungen, Zivilgesellschaft, Unternehmen, Vereine etc.) nutzen könnten, um (idealerweise offene) Inhalte bereitzustellen? Diese Mediathek müsste z.B.:
- Audio-, Video-Dateien entgegennehmen (ggf, weitere Uploads wie Bilder, PDF)
- Jedem Anbieter einen Kanal mit eigener Landing-Page/URL bieten (wie YouTube)
- Zu jeder Mediendatei Metadaten (Titel, Beschreibung, Datum, Lizenz etc. anbieten). Idealerweise möglichst kompatibel mit Metadatenstandards wie Dublin Core, Wikidata-Format etc.
- Einen Audio- und Videoplayer anbieten, den man im Kanal aber auch zum Einbetten verwenden kann (wie YouTube, Soundcloud)
- Die Möglichkeit des Medien-Download anbieten (wie Freemusic Archive, YouTube im YouTube Studio)
- Inahlte zeitgesteuert Publizieren-/Depublizieren können (Anforderungen der Öffis)
- Eine offene API bieten, um z.B. mit den CMS der Rundfunkanstalten, aber auch von Diensten wie Podlove bestückbar zu sein.
- Einen integrierten Audio- und Videoeditor anbieten, mit dem einfache Operationen an den Multimediainhalten durchgeführt werden können (Trimmen, Schneiden, Intro/Outro, Lower Third etc.). Dadurch könnte man Neulinge ans Podcasten/die Medienproduktion heranführen, für die dedizierte Software einen Schritt zu viel bedeutet (Vorbild YouTube-Video-Editor, oder früherer Audio-Editor in Slideshare).
- Standard-kompatible Feeds anbieten, damit man auf alle Inhalte auch mit Apps wie Podcasts, AntennaPod etc. zugreifen kann (keine Gated Community!)
- Ein Berechtigungssystem, das die Einschränkung von Medieninhalten oder Kanälen auf bestimmte Zielgruppen ermöglicht.
- Ein Kommentar- und Bewertungssystem bieten. Dieses sollte idealerweise eine API haben, damit Kommentierung und Bewertung potentiell auch direkt aus Apps heraus erfolgen kann.
- Funktionalität zum Kuratieren von Inhalten bieten. Dadurch könnten Themenspezifische Sendungen von Leuten entstehen, die gar keine eigenen Inhalte produzieren, aber einen Themenkanal anbieten möchten.
- Eine generische App zur Mediathek anbieten, über die Nutzer sich einzelne Kanäle oder Kanalgruppen abonnieren können. Dadurch müsst z.B. nicht jeder Podcaster erklären wie man sich einen Podcatcher installiert und dann den eigenne Podcast abonniert, sondern es gäbe (optional) eine zentrale Anlaufstelle.
- Ein Entwicklungsmodell ähnlich Linux verwenden, d.h. ein zentrales Projekt, dass sich dauerhaft um die Bereitstellung eines Kernels kümmert. Außenrum sollte sich ein Universum von Projekten ansiedeln können, die sich um Detailaspekte kümmern kann, die von Nutzern dann optional eingesetzt werden können (z.B. Player, Auphonic, Audio2Text, Video-/Audio-Search.Engines, SmartTV Apps, Auto Apps etc.).
Das klingt vermutlich erstmal nach einem Mammut-Projekt!? Wenn man sich aber beispielsweise mal das Quaero-Projekt anschaut, das eine Art europäische Alternative zu Google entwickeln sollte(!), ist die Mediathek-Idee vielleicht doch nicht so utopisch. Quaero hatte immerhin eine Finanzierung von ca. 400 Millionen Euro, 240 Millionen davon von der Bundesregierung. Thematisiert wurde das Projekt stark im Rahmen des bundesdeutschen IT-Gipfels, bei dem Hasso Plattner (steht hinter dem o.g. mooc.house) immer eng involviert ist. Da könnte es also durch aus Optionen geben.
Ich fände das eine viel bessere und nachhaltige Investition in die Infrastrruktur der Wissensrepublik Deutschland, als die ewige Diskussion, ob jetzt 2MB oder 50 MB Breitband sind (natürlich beides nicht ) Würde mich freuen Eure Meinung dazu hier im Sendegate zu hören und vielleicht machen wir ja eine Session zu dem Thema auf der #sub8 in München?