Ich kann dich verstehen, würde nicht so weit gehen, dass es mich anwidert, aber es ist eine andere Welt. Oder vielleicht auch nicht.
Wir sind hier in einer Bubble, in der es sehr technisch zugeht und sicher auch die Lust am Podcasten das stetige Motiv ist. Die Formate hier sind nicht (alle) auf Reichweite konzipiert und getrieben von Promis, die ihre Reichweite mit dem Namen erzeugen und weniger mit dem Inhalt.
Allerdings hat sich die Podcastwelt seit einigen Jahren dahin entwickelt, weil dort jede Menge Geld zu holen ist. Und das Maß ist lange nicht erreicht, wenn man Studio Bummels im OMR-Interview glauben möchte. Und die Marketer:innen: die sehen das ganz genauso. Jedes Jahr gibts neue Prognosen, die höher schneller, weiter in krassen Dimensionen beziffern.
Manche Formate existieren nur, weil sie als Werbeplattform fungieren können. Man möge sich den neuen mit Lobo und Frau anhören, wo mir Jimdo in 30 Minuten 5x empfohlen wird. Bosse können wir nur beim Kochen zuhören, weil das finanziert wird. Ob es diese Formate braucht, ist erstmal nicht vorrangig und vermutlich treffen hier Welten aufeinander.
Denn, mittlerweile geht es beim Podcasten viel mehr als Medium der Unterhaltung, als der Wissensvermittlung oder dem verbreiten von geilen Infos und Themen. Man schaue sich die Charts an, alles Unterhaltungs-Blockbuster, wie das Produktionsstudio es nennt. Und offenbar gibt es genügend Leute, die sich das gern anhören. Funkhäuser machen allerdings wiederum recht gute und wichtige Formate.
Ich vermute mal, dass wir hier anders „sozialisiert“ sind und Podcasting anders verstehen, als andere. Und das ist auch gut so, denn man darf nicht vergessen, dass weite Teile dieser Community den Podcast in Deutschland überhaupt erst salonfähig gemacht haben. Andererseits darf man sich dieser „anderen Welt“ aber auch nicht verschließen, denn nicht alles daran ist schlecht. Es gibt mitunter wirklich gute Produktionen und die Professionalität schreitet weiter voran. Im Grunde ja das, was man will - zu viel Professionalität könnte allerdings das Podcast-Format aber auch schädigen. Daher finde ich es gut, wenn wir einen Blick auf die werfen, die aus diesem Kosmos kamen und erfolgreich geworden sind. Wie ist es mit Geschichten aus der Geschichte, Sternengeschichten, Minkorrekt? Das sind aus Sicht von Christian Alt Formate und Personen, die durchaus eine Brücke von der einen in die andere Welt schlagen könnten und da würde ich mich anschließen. Irgendwie sitzen wir im selben Boot, aber die Herangeensweise ist eine andere. Während anderswo Formate kreiert werden und man sich nur die Frage danach stellt, wie man sie refinanziert bekommt, machen hier Leute einfach ohne Refinanzierung das was sie für gut und richtig halten. Ohne Marketingapparat der hunderttausende Euro verschlingt.
Und daher auch mal ein großes Lob an (mindestens!) @christianeattig @FrauNora und @garneleh, die absolut nicht müde werden, immer wieder zu betonen, wie wichtig und unsichtbar die Indie-Szene ist und welcher Wert auch darin liegt.
Vielleicht sollte ich meinen Mund nicht zu weit aufreißen, immerhin habe ich mich mit einer Produktion selbständig gemacht und in einem Format kommen die Werbeanfragen jeden Tag reingeflattert. Und ich auch merke, was für ein Business das ist, wenn es darum geht, damit Geld verdienen zu müssen/wollen, wenn es mir den Kühlschrank vollmachen soll. Ich komme oft in Dilemmata, wo ich aber immer auch an die Leute im Sendegate denke und mich frage, welche Konsequenz meine Arbeit für die Podcastlandschaft hat. Ich versuche Standards für mich zu etablieren (z.B. IMMER Kapitelmarken verwenden), keine „sinnlosen“ Formate hervorzubringen, sondern Podcasts als das zu sehen und zu kommunizieren, für was ich sie halte: Instrument zur Kommunikation und Wissensvermittlung.
Wenn andere darin eher ein Medium sehen, um Menschen zu unterhalten, ist das auch okay, genau das zieht dann aber viele Hörende und Firmen sehen dann Podcasts nicht mehr als das was es ist, sondern als Werbeplattform.
Und das will ich noch loswerden, bevor ihr mich wegen des Textes mit Steinen bewerft: auf dem AllEars Summit von Spotify ging es natürlich auch um Werbung in Podcasts. Und ich war sehr erschrocken, wie in einem Panel drei Agenturen darüber sprachen, wie man es denn jetzt am besten macht und was am besten wirkt. Dort wurde geäußert, dass da draußen ja noch sehr viele Formate seien, die noch keine Werbung hätten und das es auch darum geht, genau diese Formate auch als Werbeplatz zu nutzen,. Da war ich baff, weil ich dachte: „krass, für die gehts echt nur darum, auf Teufel komm raus alles mögliche zu nutzen, um Firmen zu ermöglichen, irgendeinen scheiß zu verkaufen.“. Die kamen nicht mal auf die Idee, dass es Formate und Podcaster:innen gibt, die keine Werbung schalten wollen und nicht als Werbeplattform agieren wollen, das Szenario existierte bei denen absolut nicht. Und seitdem bin ich da auch sehr hellhörig und finde es sehr schade, dass es so kommen wird. Julep und RMS sind weit vorne, auch was die Technologie betrifft.
Naja, was soll ich sagen. Irgendwann haben alle Promis ihren Podcast und es wird die Zeit kommen, wo der Hype vorbeigeht und es sich alles etwas setzen wird. Und dann gehts vielleicht auch um inhaltliche Qualität und weniger im Reichweite und Unterhaltung. Daher: bleibt bitte am Ball, egal wie angewidert ihr seid. Ihr seid alle sehr wichtig, für die Entwicklung von Podcasts. Das gilt für die originelle Formatentwicklung, die technische Weiterentwicklung und vor allem auch die Community.