Dies ist eine Anleitung, um mit möglichst wenig Budget einen technisch soliden Podcast auf die Beine zu stellen. Sie richtet sich an Anfänger, die keine Angst vorm Frickeln haben und etwas technischen Sachverstand mitbringen. Je nach Art des Anwendungsfalls ist dieses Konzept mehr oder weniger gut geeignet. Dies ist ein Minimalsetup zur Kostenvermeidung. Audio-Qualität und technischer Komfort spielen hier nur die zweite Geige. Ich empfehle mit dem Konzept zu experimentieren und an den Stellen zu investieren, die euch unbefriedigt zurücklassen, wenn ihr die Mittel dazu aufbringen möchtet. Los geht’s:
1. Das Mikrofon
Die Mikrofonierung ist das Wichtigste am gesamten Podcast-Setup. Das Mikrofon ist der Flaschenhals der Audioqualität. Viel besser als die Aufnahmequalität, die euer Mikrofon leistet, kann die Tonqualität des fertigen Podcasts nicht mehr werden. Zum Glück für uns sind in den meisten Smartphones brauchbare Mikrofone verbaut. Die meisten von uns werden also bereits gutes Startmaterial mit uns herumtragen. Um den hier beschriebenen Aufbau nachzubasteln, benötigt ihr ein Smartphone mit Android oder iOS.
2. Die Aufnahmesoftware
Nehmt also euer Android- oder iOS-Handy in die Hand und installiert darauf die App von Auphonic (iOS/Android). Erstellt euch einen kostenlosen Account bei Auphonic und meldet euch damit in der eben installierten App an. Ab jetzt könnt ihr einfache Aufnahmen machen. Der Vorteil dieser App gegenüber dem vorinstallierten Audiorecorder eures Telefons, wird sich im Verlauf der Anleitung zeigen.
Mehr Infos: LS007 Auphonic
3. Das Aufnahmestudio
Guter Ton hängt von vielen Faktoren ab. Rauschen, Hall und Kirchenglocken können das Hörerlebnis beeinträchtigen. Sorgt dafür, dass der Raum, in dem ihr aufnehmt, besonders ruhig ist. Wenn ihr über einem Sägewerk wohnt, solltet ihr mit der Aufnahme vielleicht warten, bis die Flanellhemden nachhause gegangen sind und die Maschinen still stehen. Sitzt ihr in einem großen Raum ohne Wanddekoration und euer einziges Möbelstück ist ein Tisch aus Europaletten und einer Spanplatte, werdet ihr ein Problem mit Hall bekommen. Vorhänge vor den Fenstern können da helfen und wenn ihr zufällig eine Wäscheleine quer durchs Wohnzimmer gespannt habt, macht vor der Podcastaufnahme Waschtag. Dicke Wolldecken aufzuhängen, bringt den gleichen, positiven Effekt. Nackte Haut ist kein Problem für Podcastaufnahmen, nackte Wände schon.
Mehr Infos: LS002 Der gute Ton, Maßnahmen zur Klangverbesserung im Raum bei der Aufnahme
4. Die Aufnahme
Je nachdem wie viele Sprecher_innen an eurem Podcast teilnehmen sollen, habt ihr an dieser Stelle einen variablen Schwierigkeitsgrad.
- Normal: Spricht nur eine Person, ist die Aufnahme am Handy ein Katzenspiel. Bei einer geschätzten Aufnahmezeit von 15~20 Minuten, schnapp dir das Telefon, starte die Auphonic-App und die Aufnahme und lege los. Bei längeren Aufnahmen würde ich empfehlen, das Smartphone auf den Tisch zu legen, damit du keine lahmen Arme bekommst. Wichtig ist: Lass das Handy vom Beginn der Aufnahme an, bis zu ihrem Ende in der gleichen Position.
- Schwer: Sprechen zwei Personen miteinander, wird es schon etwas kniffliger. Im Idealfall sitzt ihr jeweils gleich weit vom Handy entfernt, das auf dem Tisch liegt. No Biggi!
- Profi: Ab drei Personen wird es knifflig. Die Entfernung jedes einzelnen Teilnehmers vom Mikrofon wird erfahrungsgemäß größer, je mehr Sprecher_innen beteiligt sind. Denkt daran laut und deutlich zu reden, aber nicht so laut, dass der Raumhall trotz Waschtag die Aufnahme sabotiert. Reicht das Handy bitte nicht von einer Hand zur nächsten, denn dabei wird nicht nur der Raumklang dauernd durcheinander geschüttelt, sondern es entstehen bei der Übergabe und beim Umgreifen am Gerät auch Störgeräusche, die ihr nicht mehr aus der Aufnahme herausbekommt.
- Qual: Plant ihr einen Podcast mit fünf oder mehr Personen, vergesst das ganz schnell wieder. Solche Runden sind für Hörer_innen meistens eher verwirrend, besonders wenn eure Stimmen sich stark ähneln. Besser wäre es, sich von Episode zu Episode abzuwechseln und eine rotierende Mannschaft aufzubauen. Wollt ihr es dennoch versuchen, möge die Macht mit euch sein.
Mehr Infos: LS005 Aufnahmekonzepte
5. Die Postproduction
Ist die Aufnahme im Kasten, steht die Nachbearbeitung an. Die Möglichkeiten dazu sind in der App von Auphonic begrenzt. Schneiden ist dort beispielsweise nicht vorgesehen. Dafür können Intro und Outro sehr leicht angefügt, Kapitelmarken gesetzt und Metadaten bearbeitet werden. Das Wichtigste aber ist, dass Auphonic euch den Ton so gut wie möglich einstellt. Hintergrundrauschen kann teilweise herausgefiltert werden, alle Sprecher_innen bekommen in etwa die gleiche Lautstärke verpasst und euer Podcast ist im Vergleich zu anderen nicht so laut, dass einem das Trommelfell um die Ohren fliegt. Auphonic lädt euch die fertigen Dateien sogar in mehreren Dateiformaten auf euren Webserver (mehr dazu später). Wenn ihr bei der Sendungsdauer unter 2h bleibt, fallen durch Auphonic keine Kosten an. Nehmt ihr mehr als 2h im Monat auf, meldet sich der Dienst mit einem Hinweis auf dieses Limit. Bezahlt wird per Prepaid, also müsst ihr keine Angst haben, plötzlich eine Rechnung zu bekommen, wenn eure Datei doch mal größer sein sollte, ohne dass ihr es merkt. Die Tarife findet ihr auf Auphonic.com. Wenn ihr unbedingt rumschnippeln müsst, lasst euch die Aufnahme von der App aushändigen und schiebt sie nach dem Bearbeiten (z.B. mit dem kostenlosen Audacity) wieder nach Auphonic.
6. Der Episodenschrein
Es braucht zwei weitere Dinge: Einen Feed und einen Ort, von dem der Feed eure Aufnahmen bekommt. Im Grunde kann beides jeder kostenpflichtige Website-Hoster wie Hetzner oder Sysprovide leisten. Solange eure Folgen nicht Drölftausend Downloads verzeichnen, sollte es da keine Probleme geben. Hier könnt ihr euch aber schnell große, laufende Kosten eintreten. Günstiger kommt ihr weg, indem ihr euch für die Seite, die den Feed zur Verfügung stellen soll, einen Uberspace anlegt. Dort zahlt ihr (im Rahmen einer nicht-eskalierenden Nutzung) einen Preis eurer Wahl. Wie das funktioniert steht auf Uberspace.de. Dort besorgt ihr euch vielleicht noch eine Domain, damit man euren Podcast finden kann, installiert Wordpress mit Podlove, Firtz oder Alternativen und seid fein raus, was den Feed angeht. Es kann auch auf kostenfreie Dienste, wie Tumblr oder Wordpress.com zurückgegriffen werden, hier hat man aber mit großen Einschränkungen zu rechnen. Fehlt noch ein Platz, an dem ihr die fertigen MP3-, AAC- und OPUS-Dateien ablegen könnt. Dazu bietet sich Podseed an. Wieso das so ist und warum Podseed so ein großartiges Projekt ist, steht z.B. in diesem Thread. Alternativ kann auch Soundcloud genutzt werden, aber wieso sollte man? Wisst ihr im Vorhinein, dass ihr unter einer Stunde Material im Monat produziert, könnte Podigee euer Dienst sein. Die jagen eure Aufnahme durch Auphonic, speichern sie auf ihren Servern und bauen euch eine ordentliche Website. Wenn ihr längere Podcasts macht, müsst ihr allerdings für diesen Service zahlen. Damit habt ihr schon einige Ansatzpunkte, um eurem Podcast einen heiligen Schrein zu bauen, der Ziel unzähliger Pilgerreisen des Hörviehs werden kann. Prinzipiell gibt es für diese Problemstellung viele verschiedene Lösungen, weshalb ich hier nicht weiter ins Detail gehen möchte. Was für euch funktioniert, hängt sehr stark von euren Bedürfnissen ab. Fragt halt, ist ja’n Forum hier.
Mehr Infos: LS001 Formate, Feeds und iTunes, LS003 Podcast Publishing, LS010 Podlove, LS011 Podlove Publisher
7. Das Puzibli… Das Pubil… Das Senden
Kommen wir zum finalen Schritt in den Wahnsinn. Ihr habt also eine Website für euren Podcast eingerichtet, einen Ort, an dem ihr euren zusammenfabulierten Quatsch abladen könnt und eine fertige Aufnahme als Produktion in Auphonic sitzen. Jetzt wird es Zeit, alles zusammenzuführen. Besucht Auphonic.com. Legt dort unter “services” einen neuen Eintrag an und konfiguriert ihn so, dass Auphonic auf den Ort zugreifen kann, an dem eure Podcast-Dateien den ewigen Dornröschenschlaf träumen sollen (also z.B. euren FTP-Zugang für Podseed). Speichern und ab zum Reiter “presets”. Dort legt ihr ebenfalls einen neuen Eintrag an. Je mehr Metadaten ihr in diesem Preset vorbereitet, desto weniger müsst ihr je Episode angeben. Diese Dinger ersparen einem enorm viel Arbeit. Schreibt also den Namen eures Podcasts und das Muster eurer Dateibenamsung ins Preset und gebt die Standard-Dateiformate eures Podcasts, sowie den Service an, zu dem diese hochgeladen werden sollen. Intro und Outro können hier auch hinterlegt werden, sodass sie nachher automatisch an eure Aufnahme gepappt werden. Das macht ihr ein einziges mal, profitiert aber bei jeder Veröffentlichung davon. Jetzt wird’s aber auch Zeit die erste Episode in den Äther zu blasen. Dazu geht ihr in der App auf eure Aufnahme bzw. Produktion und wählt das gerade angelegte Preset aus. Gebt alle Metadaten an, die für diese Episode spezifisch sind, wie z.B. die Nummer oder einen fetzigen Namen mit eingebautem Flachwitz. Aktiviert ihr nun die Nachbearbeitung durch Auphonic, sollte die erste Episode eures Podcasts wie von Zauberhand bei Podseed et al. landen. Nutzt ihr Firtz (und habt es richtig konfiguriert), wird die Folge sogar ohne zusätzliches Handauflegen veröffentlicht. Bei Wordpress muss man etwas nachhelfen. Was ihr tun müsst, darf euch aber Podlove erklären. Fertig! Ihr seid jetzt anarchisch zertifizierte Podcastproduzierende!