Während ich heute in der Stadt unterwegs war, traute ich meinen Ohren kaum: Ich hörte Werbung in einem Audiopodcast.
Das besondere war: Es war nicht die Art von Werbung, die der Podcaster selbst eingesprochen hatte. Wir alle kennen Podcasts mit großer Reichweite, bei denen der Betreiber mit selbstgesprochenen Werbebotschaften sein Einkommen generiert. Das extremste Beispiel dürfte wohl der Podcast von Tim Ferriss sein, bei dem man zu Beginn bis zu 6 min Werbung über sich ergehen lassen muss, bis der Podcast endlich startet.
Was ich heute hörte, war anders. Es war ein amerikanischer Podcast. Er begann mit einem kurzen Intro, in dem der Podcast-Name genannt wurde. dann kam eine deutschsprachige, professionell produzierte Werbung für ein regionales Mineralwasser. Dann kam eine englischsprachige Werbung für einen Rezensionsdienst. Und erst danach begann der reguläre Podcast.
Und jetzt die Frage: Wie kommt die Mineralwasserwerbung in den Podcast hinein? Sicher nicht vom Betreiber des Podcasts selbst.
Ich habe nochmal nachgeprüft: Wenn ich mir die Podcastfolge direkt in iTunes anhöre, kommt direkt nach dem Intro die Rezensionswerbung, also keine deutsche Mineralwasserwerbung. Meine heruntergeladene Folge ist jedoch mit der Mineralwasserwerbung.
Wer kennt sich mit den Rahmenbedingungen aus? Woher weiß das System, wo es die lokale Werbung einfügen muss? Nach welchen Kriterien wird die eingefügte Werbung ausgewählt? Welchen Einfluß hat der Podcastbetreiber darauf? Ist das noch ein Pilotprojekt, oder müssen wir künftig bei allen Podcasts mit nachträglich vom System eingefügter Werbung rechnen?
Wer das selber mal ausprobieren möchte:
Der Podcast aus den USA mit der hessischen Werbung für mich als Hörer in Hessen hat den Namen „Penn’s Sunday School“.
Die betreffende Folge ist vom 29.3.2017 und heisst „Sorry about the Pain au Chocolat, Ryan Gosling“.
Hier ist der Link zum Austesten:
Ich bin gespannt, welche Werbung bei Euch beim Download eingespielt wird. Gibt es etwa Weißbierwerbung in Bayern? Teewerbung in Ostfriesland? Bausparvertragswerbung in Schwaben?
Automatically stitch pre-roll, mid-roll and post-roll ads into content
Deliver relevant advertising to targeted audiences across episodes and devices
Run ads sold by your team or leverage our sales network and programmatic advertising platform
Es scheint also irgend ein System zu geben, an die Hörer angepasste Werbung in Podcasts einzubauen, die wohlgemerkt heruntergeladen werden. (Habe es gerade selbst ausprobiert und bekam eine englischsprachige Werbung für ein Buchbewertungsportal oder so.) Die Frage ist, wie das funktioniert. Meine einzige Erklärung ist, dass bei der Downloadanfrage über die IP-Adresse die Region festgestellt wird und dann eine entsprechende, bereits gerenderte Audiodatei ausgeliefert wird, bei der die Werbung am besten passt. Ist sowas technisch möglich?
Gut recherchiert, jonasschoen. Dann steckt also WideOrbit dahinter. Wie kommt denn eine Firma aus San Francisco an regional produzierte Werbespots? Da muss es doch wohl so etwas wie ein Marktportal geben, oder?
Und ebenfalls spannend ist, wie sich ein regionales Mineralwasser überzeugt gefühlt hat, in der Nische Podcasts zu werben bzw. Werbung pauschal in einen Pool zu stellen. (GF vielleicht Podcaster?)
Eine Spekulation von mir: über Unternehmen wie AS&S (ARD Sales & Services). Die kümmern sich unter anderem um die Vermarktung von Radio- bzw. Audiowerbung. Viertausendhertz arbeitet mittlerweile mit denen zusammen, was auch in einer Folge Frequenz 4000 erläutert wurde (könnte diese Folge gewesen sein).
Das könnte ich mir auch vorstellen, verlangt aber entsprechend viele Versionen einer Episode auf Halde. Kann ja automatisiert werden. On the fly wird da wohl nichts gerendert.
@Joey Doch das kann durchaus sein. Wenn die Episode über ein CDN gehostet wird, das mit einem Ad-Network zusammenarbeitet geht das ziemlich on the fly. Du kriegst also einen “personalisierten” Podcast geliefert. Angefangen hat die Lokalisierung im Radiostreaming, da kann es sein, dass du im Webstream andere Werbung hörst, wie auf UKW/FM (Weil die Unternehmen eben nur für einen Verbreitungsweg zahlen - und du im Webstream dann quasi kostenlos Werbung machst, wenn du simulcastest). Was du als Podcaster liefern musst, ist quasi nur der Einstiegspunkt (und die Anzahl an Werbung die du fahren willst).
Das ist ja ein lustiges Phänomen. RMS hatte früher mal die Vermarktung zahlreicher Rado und Streamingangebote. Reine Podcast Vermarkter wie podvertise24.de schalten nur Werbung im Podcast, nicht aber in der Umgebung des Podcatchers. Kann sich eigentlich dann nur um ein großes Vermarkternetwork handeln.
