Aufnahme mit 3 Nackenbügel-Mikros für unter 100 EUR

Hi,

ich wollte mal mit euch mein aktuelles mobiles Aufnahmesetup vorstellen, das die Aufnahme von drei getrennten Spuren mit jeweils einem Nackenbügel-Mikro umfasst und zugleich in Summe weniger als 100 EUR kostet.

Vorneweg drei Dinge:

  1. Der Titel und das Intro sind ein bisschen reisserisch: Natürlich braucht man auch ein Aufnahmegerät mit drei getrennten Eingängen - womit wir bspw. beim Zoom H4 sind. Oder, wie in meinem Fall, beim Zoom H6. (weiter unten gibt es aber noch Varianten für kleinere Gerätereihen/Anforderungen)
  2. Ich vermute, die Audiotechniker werden mich für das Setup lynchen - elektrotechnisch ist es ganz sicher nicht “sauber”. Aber ich mache seit geraumer Zeit positive Erfahrungen mit diesem Setup und angesichts des Preises wäre es nicht einmal schlimm, würde es mir die Mikros wirklich zersäbeln.
  3. Sicher geht es noch besser - aber ich brauche es nicht besser. Die gewonnene Qualität reicht mir voll aus.

Auslöser:
Ich wollte günstig, aber dafür im Verhältnis gut aufnehmen. In einem anderen Thread fragte ich schon verzweifelt nach den ganzen Anschlussformaten (EW, AKG, TQG, … - WTF?) und wurde ernüchtert: Jeder macht seine eigene Sache und bietet nur sein eigenes Ökosystem an.
Das stellte mich nicht zufrieden - stattdessen wollte ich etwas Standardisiertes. Und was ist standardisierter/mehr verbreitet als Klinke?

Das Headset:
Es war also klar: Das Headset sollte auf Klinke laufen. Ein Abend Recherche bei Amazon ließ mich drei überaus günstige Nackenbügelheadsets bestellen, das teuerste 40 EUR.
Das Headset mit dem besten Klang aus der Testreihe kostete 21 EUR.

Anschluss ans Aufnahmegerät:
Der H6 hat Eingänge für zwei Klinkenmikros (der H4 meines Wissens nur einen Eingang). Aber einerseits landen selbst beim H6 die zwei Eingänge auf einer Stereospur, die nachträglich getrennt werden muss. Andererseits sind es nur zwei Eingänge - ich will drei.
Also müssen die Klinkenanschlüsse irgendwie an die XLR-Eingänge, davon hat der Zoom H6 vier Stück - alle landen in einer eigenen Spur.

Dafür kaufte ich folgende Adapter.

Es wird spannend - die Spannung
Es kam dennoch kein Ton rein - klar doch: Die Mikros brauchen eine Grundversorgung an Strom zum Funktionieren. Also legte ich (und hier wird es kriminell) eine Phantomspeisung von 12 Volt an (lt. Produktbeschreibung mögen die Mikros 1,5-9 Volt).

Mono und Stereo
Es kam dennoch kein Ton an. Ich hatte zufällig eine Kabelpeitsche rumliegen, die ich früher nutzte, um zwei Monomikros an einen Stereoeingang anzuschließen. Es würde doch nicht mit diesem Kabel dazwischengeschaltet…? Doch, es würde laufen.

Zusammenfassung
Baue ich das alles zusammen, dann sieht es am Ende so aus:

Zoom H6 -> RODE VXLR Adapter -> Kabelpeitsche -> Headsetmikro

Und es funktioniert für meine Zwecke hervorragend.
Für alles zusammen habe ich 60 EUR (3x Mikros) + 30 EUR (3x Rode VXLR-Adapter) + 9 EUR (3x Kabelpeitsche) bezahlt - und komme so knapp, aber unter 100 EUR.

Wie sich das alles anhört, kann man nach einer Postproduction mit Auphonic in folgendem Podcast hören:

Einen Ausschnitt in Roh habe ich mal rausgeschnitten (zum Vergleich: Im Podcast bei ca. 2:30min).
master.flac (1,5 MB)

Varianten / Lösungen für kleinere Aufnahmesets/-geräte

  • Man kann auch nur zwei Bügelmikros über die Kabelpeitsche am Klinkeneingang vom Zoom H1/H2/H2n/H4/H6 betreiben. Als Spannungsversorgung muss man die “Input Power” einschalten. Wie erwähnt, landen die beiden Inputs jeweils links und rechts auf der Stereospur und müssen nachträglich getrennt werden.
  • Natürlich geht auch nur ein Bügelmikro am Eingang. Man bekommt ein Monosignal. Input Power nicht vergessen.

So - nun ist es raus.
Vielleicht hilft es dem Einen oder Anderen, auch ein günstiges Setup zusammenzustellen. Es ist schon ein bisschen improvisiert, aber die Komplexität hält sich in Grenzen. Und Preis/Qualität sind für mich vollkommen ausreichend.
Vielleicht ergibt sich auch ein angeregter Diskurs, warum man auf solche Setups verzichten sollte - denn ich bin bei Weitem kein Elektro- oder Audiotechniker.

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Moin!

Wer das Mikro in der Anschlussvariante „Sennheiser“ und den Rode VXLR+ (plus!) nimmt, der sollte sich den Zwischenstecker sparen können. Zudem setzt der „plus“ die (hohe) Phantomspannung auf die sonst für Headsets üblichen ~4V Tonaderspeisung herunter. Dann lassen sich die Headsets auch an „normalen“ Systemen betreiben, die 48V Phantomspannung liefern.
Dummerweise kostet das „aber“ auch 25,- statt der 13,- für die „ohne“ Version sowie 3.5mm Stereosplitter - ist aber handlicher.

Was man in der Aufnahme „schön“ hört ist die Umgebung: die Mikros haben eine Kugelcharakteristik und fangen damit recht viel Raum ein. Niere wäre da besser.

Klangmäßig fehlen (wenn der Schnipsel wirklich die Rohaufnahme ist) doch recht stark die Höhen und Tiefen. Die Höhen sind zwar nicht allzu schlimm muffig, aber alles andere als luftig. Und Tiefmitten oder Bass habe ich so gut wie gar nicht gehört. Daraus resultiert zwar eine passable Sprachverständlichkeit und leichte Handhabbarkeit des Klanges (weniger Pops, wenig Zischen/Hissen) - aber es klingt halt dünn und leicht belegt. Andere (aber meist teurere) Nackenbügelmirkos liefern da mehr Qualität.

Für ruhige Umgebungen und mikronfonunerfahrene Gäste ist das eine nutzbare Einstiegslösung mit nicht allzu schlimmem Klang, so lange man keine Einspieler oder Gastschaltungen braucht: die Nackenbügelmikros sorgen für eine gleichbleibende Mikroposition, und ohne Kopfhörer gibt es keine Probleme mit Latenzen oder ungewohnten Klang der eigenen Stimme. Und das Sound-Routing ist auch viel einfacher, wenn man nur den Eingang konfigurieren muss.

Interessant wäre mal ein 1:1 Vergleich mit einem t-bone HC95 - die Klangprobe davon im großen Vergleich hört sich aber (bei gleichem Preis wie die o.g. Bastellösung) aber schon mal viel besser an

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Zur Differenzierung: Das ist aber eine Sache, die die Nackenbügel-Mikros alle gemeinsam haben. Wenn es keinen Kopfhörer gibt, kann man nicht auf Einspieler/Gastschaltungen reagieren. Es hat also weniger mit dem Setup, mehr mit der Auswahl der Art des Mikros zu tun.
Aber ich stimme dir zu: Nackenbügelmikros machen nur in der direkten Kommunikation Sinn.

Sehr gern, wir alle streben nach guten Lösungen im angemessenen Preisbereich, denke ich.

Kurz zur Intention: Meine Interview-Partner sind sehr unerfahren mit Mikros und Aufnahme etc… Ich halte die Unauffälligkeit des Mikros für einen entscheidenen Faktor für einen freien und offenen Austausch. Für mich persönlich sind die t-bones schon ein Stück zu klobig für das Klientel - obwohl ich ihnen auch einen guten Klang zuschreibe (also den Mikros - dem Klientel sowieso :wink: ).

Klar. Ich finde den Raum selbst in der Rohfassung aber nicht kritisch. Lavaliers (zugegeben auch Kugelcharakteristik) sind da deutlich grausamer.

Auf jeden Fall! Voll dabei, keine Diskussion.
Aber es spielt eben auch Preis mit rein. Ich glaube, dass es für ambitionierte Privatpersonen nicht einfach zu stemmen ist, ein gutes Setup aufzustellen. Ich vertrete recht überzeugt, dass Inhaltsqualität deutlich vor Produktionsqualität geht, was den Private Podcast-Bereich betrifft. Anders ausgedrückt: Ich bedauere es, wenn Podcastprojekte daran scheitern, dass man mit hohen drei- oder geringen vierstelligen Beträgen konfrontiert wird.

Gemessen an der Ergebnisqualität bin ich ausreichend zufrieden - immer gemessen am Invest.
Und wer noch ein bisschen mehr möchte, der spielt ggf. am EQ rum, um noch ein bisschen mehr Volumen reinzubringen (was auf jeden Fall fehlt).
Mein Ziel mit diesem Thread ist es, aufzuzeigen, dass es auch anders geht - und mit euch zu diskutieren, was ggf. noch zu verbessern ist, um gute, kreative, spannende Ideen nicht am Budget scheitern zu lassen.

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Kann man bei dem H6 nicht auf allen 4/6 Buchsen wahlweise Klinke oder XLR anschliessen?

Spannend. :sunglasses:

Das Hörbeispiel - unter Kopfhörern abgehört - finde ich nicht uncool. Ganz so schlimm wie @vtanger sehe ich das jetzt nicht. Klar, am Klang lässt sich noch was schrauben, und was die Raum-Atmo angeht: Ich steh’ drauf. Raum hall (!) ist doof, klar, aber eine schöne Atmo, in der die Sprache in den Vordergrund rückt, ist doch was feines.

Gute Reportagemikros sind auch meist Kugeln; alternativ kann man auch eine breite Niere verwenden.
Der vermeintlich fehlende Bass (sehe ich nicht so) ließe sich bei einer Niere mit dem Nahbesprechungseffekt kompensieren, was aber die Gefahr der hörbaren Plosivlaute heraufbeschwört. Fluch und Segen halt.

In Deinem ursprünglich gestarteten Thread warst Du ja auf das HeadMike von Thomann angesprungen. Jetzt landest Du bei einem Modell, das ca. ⅓ des ohnehin schon günstigen (billigen?) Preises kostet … :flushed:

Interessante Idee.
Stelle ich mir ganz attraktiv vor - 2 Teile und ready to go.

Kalkuliert man das mit dem HeadMike mal durch, komme ich auf …

  • VXLR+ = 24,90 €
  • HeadMike (Kugel oder Niere, Sennheiser oder AKG-Anschluss: egal) = 59 €
  • Popschutz extra = 7,90 €

… gesamt also 91,80 €.
Ist zumindest mal eine Überlegung wert, wenn es denn tatsächlich so problemlos passt.
Mal bei Røde anfragen …

Danke für den Tipp.

Richtig, das sind Kombobuchsen - XLR und Klinke (6,3, keine Miniklinke!). Das H6 hat vier, das H4 und H5 haben je zwei davon. Jede Buchse kann auf einer eigenen Spur angesprochen und separat ausgesteuert werden.

Die von Dir angesprochenen sechs Buchsen beim H6 sind da nur bedingt nutzbar, weil die +2 Buchsen im Wechselkopf keine Phantomspeisung bereitstellen.
Gleiches gilt für das H5 (gleiche Technologie wie beim H6); beim H4 ist das jedoch nicht möglich.

Im Rahmen von unter 100,- je Nase empfehle ich immer gerne das beyerdynamic TG H34c - aber die hier gezeigte Kombi bzw. das HC95 liegen gerade mal bei 1/3 vom HeadMike oder dem Beyerdynamic.

Für mich als absoluten Beginner ist nun nicht ganz klar geworden, funktionieren die vorgestellten Nackenbügel Mikros im einfachen Set Up

Zoom H4 -> 1/4"-Große-Klinke* -> Nackenbügelheadset

(* im XLR-Klinke-Combo Eingang) mit eingeschalteter Phantomspeisung? Und wenn nein, wieso nicht?

Nein: abgesehen von den wenigen (prinzipbedingt größeren und meist schlechter klingenden) dynamischen Mikros brauchen die Bügelmirkos eine Versorgungsspannung. Und die kommt über die spezialisierten Klinke-/MiniXLR-Anschlüsse, für die es meist Adapter auf XLR mit Phantomspannung gibt. Und für die dicke 6.3mm Klinke kenne ich keine Stromversorgung.

Also:
Recorder => XLR-Adapter => Nackenbügelmikro

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Interessant, behalte ich mal im Auge. Gerade für Gala Be Need Inn beim Day of the Podcast wo 4 bzw. 5 Menschen da sitzen die zwar in ein Mikro reden sollen aber nichts (über Kopfhörer) hören müssen. Die Dinger sehen dann doch attraktiver aus als so ein Headset.

Am H6 kommt keine Speisung durch die Klinke (nur über XLR). Im Studio haben wir aber sehr wohl auch Klinkenbuchsen, die Phantomstrom liefern.

Aber die von ihm gewünschten drei hat er bei vier Möglichkeiten allemal. :slight_smile:

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Biste da sicher? Im Manual finde ich dazu nix. Erfahrung?

Nun, bei meinem H6 kommt jedenfalls nichts raus. :slight_smile:

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Ein Tip für Bastler:

Der

passt die Phantomspannung von 20V bis 48V an die „Tonaderspeisung“ nach AC97 an.

Man kann sich das aber auch selber basteln:
electronique_alim_electret_xlr_001a

Die Z-Diode D1 muss man entsprechend an das Mic anpassen. Zumeist irgendwas um die 5V.

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